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Titel: Kunstforum-Special: Sponsoring · S. 248 - 248
Titel: Kunstforum-Special: Sponsoring , 1989

Jürgen Olbrich:
Netzwerkgedanke

GESPRÄCHSPARTNER: JÜRGEN RAAP

Viele deiner Projekte betonten einen anti-künstlerischen Aspekt. Wie groß ist deiner Erfahrung nach die Bereitschaft privatwirtschaftlicher Sponsoren zur Unterstützung solcher Konzepte?

J.O.O.: Zunächst – diese Projekte sind nicht von der Anlage her “anti”, sondern im Gegenteil “pro”. Wenn dennoch ein antikünstlerischer Aspekt sichtbar ist, so liegt das an der “etablierten”, akademisch geprägten Kunstvermittlung beziehungsweise -auffassung. Da fast alle meine Projekte von einem Netzwerkgedanken ausgehen, waren sie auch bei der Realisierung fast immer auf Sponsoren angewiesen. Dies bezog sich auf den Personalbereich (Zusammenarbeit mit “Spezialisten”), Materialbereich (Produkt als Situation), auf die Situation (Verbindung von Zeit und Ortsspezifika) und die Prozeßhaftigkeit (Haltung, Erfahrung) der sich entwickelnden Arbeiten. Gerade das Hinausgehen über begrenzte Räume, über zeitliche Vorgaben und individuelle Bindungen führte zu klaren, schnellen Entscheidungen bei möglichen Sponsoren. Dabei reagierten “hohe” Entscheidungsträger weitaus offener als besonders diejenigen in den sogenannten “kreativen” Bereichen.

Wahrscheinlich, weil letztere in den Abteilungen für Werbung und Öffentlichkeit mit sehr verengtem Blick auf die Wirkungsmöglichkeiten eines künstlerischen Projekts fixiert sind.

J.O.O.: Wenn die “Gegenleistung” für den Sponsor nicht ausdrücklich benannt wird, also quasi ein Nutzungsanspruch verdeutlicht wird (was sehr vielfältig sein kann, bei meinen Projekten aber völlig wegfällt), so ist die Faszination des Projekts, die Haltung der Künstler, deren gedankliche und soziale Verbindungen für den Sponsor eine generell überraschende Erweiterung der eigenen Informationswelt. Gefahren sehe ich nur dort, wo Kunstprozesse unsensibel und aus ihren Zusammenhängen herausgelöst in wirtschaftliche Abläufe integriert werden, also zur dienenden Funktion verkommen.

Einbindung in das künstlerische Netzwerk bedeutet also für den Sponsor Erweiterung seiner eigenen…


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