Jean-Christophe Ammann
Plädoyer für ein risikobetontes Sponsoring
“Osmotische Kräfte verwischen die Grenzen…”
Der Mut zum risikobetonten, eben nicht im geläufigen Sinn quantifizierbaren Sponsoring großer und größerer Unternehmen ist wichtig, weil es langfristig darum geht, in den amorphen mit Freizeit- und Unterhaltungsindustrie umschriebenen Komplex neue, qualitative Impulse zu senden, die den Konsumenten aus der passiven Haltung heraus aktivieren. Risikobetontes Sponsoring läuft letztlich auf eine Mobilisierung der Ideen heraus, die in einer sich verstärkenden Dienstleistungsgesellschaft die Geber- und Nehmerseite gleichermaßen involviert. Vor allem scheint es mir kein Widerspruch zu sein, wenn eine Produktion den sogenannten Interessen eines Sponsors zuwiderläuft. Kurzfristig gesehen mag zwar ein “Konflikt” vorhanden sein, längerfristig dürfte er sich in einer neuen Qualität auflösen.
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Ideen sind übergreifend, in spezifischen Bereichen entwickelt, nisten sie sich in anderen ein, finden eine Fortsetzung, bahnen initiierend den Weg zu neuen Lösungen an. ähnliches stellen wir für den heutigen Menschen fest. Die Aufteilung in Produzent und Rezipient stimmt schon lange nicht mehr. Osmotische Kräfte verwischen die Grenzen, schaffen Turbulenzen, aus denen neue Gemeinsamkeiten, neue Ziele, das Erkennen von notwendigem Handeln und innerer Überzeugung entstehen. Man kann mir vorwerfen, dies sei schlicht blauäugig gesehen, die Kehrseite eines exklusiven Individualismus und Egozentrismus sei die heutige Tendenz. Das stimmt sicherlich auch, aber es macht wenig Sinn, die Handlungsspielräume aufgrund negativer Beurteilung einzuengen; sie zu erweitern, ineinandergreifen zu lassen, ja, zu vermengen; das scheint mir heute wichtiger denn je, und hier kann ein risikobetontes, nicht auf Abgrenzung angelegtes Sponsoring viel bewirken.
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Zitiert aus: du/Die Zeitschrift der Kultur, Nr. 12/Dezember 1988, S. 122.