Heinz-Norbert Jocks
Siqueiros/Pollock
»Dialektik der Unabhängigkeit«
Kunsthalle Düsseldorf, 30.9. – 3.12.1995
Die Go-West-Mentalität des einsamen Helden und das Macho-Gehabe des Lateinamerikaners sind sich nicht so fremd, wie es zunächst erscheint. Den Amerikaner Jackson Pollock und den Mexikaner David Alfaro Siqueiros miteinander zu vergleichen, wie es Jürgen Harten zusammen mit Irene Herner in der Düsseldorfer Kunsthalle jenseits von Differenzverlust augenblicklich tut, das ist nicht allein seine Erfindung, also nur von nachträglicher Originalität. Denn kein anderer als Octavio Paz, der große Lyriker, Essayist und Nobelpreisträger, wies in seinem dem bei Dumont erschienenen Katalog erstmalig in deutscher Sprache beigefügten Aufsatz “Preis und Bedeutung”, – und nicht nur dort, da auch schon viel früher -, auf die nun aufgegriffenen wie verdichteten Zusammenhänge hin. Aus ideologischen Gründen werden diese gerne unter den Teppich breiter Ignoranz gekehrt.
Einen erneuten Anlauf, die Hybris jener verabsolutierten Kunst zu unterlaufen, über deren Erfolg ein essentieller Teil ihrer Ursprünge vergessen wird, unternimmt Harten in der ehrwürdigen Absicht, jenes Auseinanderdriften der Avantgarde und deren Aufsplitterung in zwei Lager, die am Kalten Krieg partizipierten, noch einmal hervorzuheben. Sein Ziel ist es, die Grenzen zwischen gegenständlicher und abstrakter Kunst als ideologische Schallmauern zu entlarven, weshalb er auf die geistige Produktivität “simultaner Reaktualisierung” hofft. Mehr noch, er beabsichtigt, die Entwicklung der Kunstgeschichte unseres Jahrhunderts anhand des Werks von nur zwei Künstlern punktuell und beispielhaft aufscheinen zu lassen. Etwas überzogen, auch überraschend, doch durchaus einen Versuch wert, mutet diese Idee konzeptioneller Art an. Als Heroen eines historischen Dramas sieht er sie auf einer Bühne mit zwei Ausgängen stehen,…