Vom Zeitgeist zum Sofa
Wer im Duden das Wort “Zeitgeist” nachschlägt, erfährt, daß der mit “Denkweise” zu tun hat. Zeitgeist soll durch eine bestimmte geistige Haltung gekennzeichnet sein. Eben jene, die sich der Zeit verschreibt. Selten aber ist in heutigen Ausstellungen der Zeitgeist zu packen. Nicht nur, weil er sich tarnt. Er entschlüpft auch unsichtbar durch die Maschen des Kompetenzgerangels. Er kaschiert sich hinter ungenannt bleibenden Zwängen. Nicht selten wird er durch subjektiven Ehrgeiz der Ausstellungsmacher verwässert. Auch wird er mit hohen Etats in die Flucht geschlagen. Nach ihm wird also gefahndet. Um ihn wird zwiespältig herumgeredet. “Zeitgeist” ist in Ausstellungen zusehends die Summe von Taten, die nicht klar benennbar sind. Er ist häufig der willkürliche Griff in die Masse der soeben entstehenden Kunst. Charaktermerkmale hat er kaum. Eher ist er eine “Behauptung”. So fällt er auch rapide, ehe er sich vermittelt, der Tradition anheim. Er gibt uns kein Maß für die eigene Geschichte und Erinnerung. So füllt er auch unsere emotionalen und geistigen Strukturen kaum mit Alternativen. Es ist eine seltsame Entdeckung in der gegenwärtigen Kunst, in der der Zeitgeist sein Medium bewegt – und doch auch still steht. Im letzten Jahrzehnt haben Ausstellungsmacher alle Varianten ihrer Profession durchgespielt. Es gibt zwischen der Art und Weise, die in der Regel in den 60er und 70er Jahren und der, wie heute Ausstellungen inszeniert werden, gravierende Unterschiede. Erprobt wurden vor allem Themenausstellungen, biographische Darbietungen; vom “Gesamtkunstwerk” bis zur quasi-religiösen Anbetung der Kunst in der…