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Titel: Kunst und Spiel II · von Petra Schröck · S. 48 - 57
Titel: Kunst und Spiel II , 2005

Petra Schröck
Wir spielen immer

Zur Ästhetik von Spielfiguren in der Kunst und ihr Verhältnis zur Populärkultur.

Im Spiel geht alles” heißt es lapidar in einem Erziehungsratgeber. Wenn kleine Kinder ihre Unterlegenheit satt haben, schlüpfen sie in die starken Rollen von Löwen, Piraten oder Monstern. Der Zusammenhang zwischen kindlichem Spiel und Entwicklung der Gehirnkapazität ist eine ebenso belegte These wie der Einfluss von Computerspielen auf Kreativität und Sozialverhalten. Laut Vorwort einer psychologischen Fachzeitschrift vereint das Spiel in sich die widersprüchlichsten Aktivitäten des Menschen, es gründet sich auf Freiheit und Regelhaftigkeit, es ist zweckfrei und ermöglicht Lernprozesse.1 Überhaupt fächert das Wörtchen Spiel im deutschen Sprachgebrauch nahezu das ganze Lebenspanorama auf, so das man fern jeglicher Kontextualisierung die Leben-ist-ein-Spiel-Metapher wörtlich nehmen kann: Babyspiel, Ferienspiel, Gedankenspiel, Glücksspiel, Kriegsspiel, Liebesspiel, Tennisspiel, Endspiel. Es gibt Spiele für Mädchen, Jungen, Katzen und Wellensittiche, Gesellschaftsspiele und Gewinnspiele, dumme Spiele und hochintelligente, harmlose und gefährliche. Im Spiel geht alles, da wird gepokert, gereizt, geboten, gestochen und getrickst. Spielen ist eine anthropologische Konstante, bei der der Mensch im Schiller’schen Sinne erst zum Menschen wird. Ist “Spiel”, wie Ludwig Wittgenstein feststellte, ein “Begriff mit verschwommenen Rändern”, so ist er in Verbindung mit hochgestochener Kunstbegriffsrhetorik doppelt schwer zu fassen und beliebig anwendbar. “Spielerisch” als ästhetische Kategorie und Synonym für künstlerische Leichtigkeit ist meist die Jokerkarte im Kritikerjargon. Besonders seit dem 20. Jahrhundert mit seinen komplexen Crossover- und Kunst=Leben – Diskursen sowie explizit interaktiven Praktiken ist die Schnittstelle von Kunst und Spiel ein integrativer Bestandteil von Kunstproduktion und Kunstbetrieb. Ob Spielfigur oder Spielinitiator, Spielverderber…


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