Christian Huther
Wunschwelten.
»Neue Romantik in der Kunst der Gegenwart«
Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main, 12.5.-28.8.2005
Auf einem Baumstumpf steht ein Radio, auf einem Zweig gegenüber sitzt ein Vogel. Der Bildtitel “Untitled (Birds)” zählt offensichtlich beide Objekte als Vögel. Aber der altmodische Volksempfänger oder Lautsprecher kommt bestimmt nicht gegen den kräftigen Vogel an. Ohnehin dürfte ihm der Strom fehlen. Die Technik herrscht nicht mehr über die Natur. Dieses skurrile kleine Bild stammt von dem ungemein virtuos malenden 38-jährigen Schotten Christopher Orr, der sich mal als moderner Nachfahre von William Turner, mal als gelehriger Schüler der alten Niederländer entpuppt. Orr gehört zu den 13 jungen Künstlern, die jetzt in der Frankfurter Schirn Kunsthalle einen neuen Romantik-Trend präsentieren sollen.
Schirn-Chef Max Hollein hat nämlich genug von der spröden künstlerischen Reflexion über Globalisierung oder Migration. “Jetzt darf man wieder von Schönheit reden”, meint er und nennt seine Schau “Wunschwelten”. Diese “Wunschwelten” sind Gegenwelten der Sehnsucht und Esoterik, die aber ihre Widersprüche nicht verbergen. Der brüchige Charakter liegt offen. Idylle und Abgrund, Poesie und Chaos, Utopie und Melancholie gehen Hand in Hand. Die Künstler wissen um die Vergeblichkeit ihrer großen Entwürfe und kleinen Fluchten. Irritierend ist allerdings, dass Hollein und Co-Kuratorin Martina Weinhart bei der Romantik-Suche weniger in deutschen und eher in britischen oder amerikanischen Ateliers fündig wurden. Die heutigen romantischen Kaderschmieden scheinen fernab von Deutschland zu liegen.
Jedenfalls wird nur ein Deutscher, dafür aber zwölf Briten oder Amerikaner vorgestellt. Möglicherweise gehen die Angloamerikaner ja respektloser mit den romantischen Klischees um. So verwandelt der Brite Simon Periton das alte Anarchisten-A…