Heinz-Norbert Jocks
Das allwissende Ginkgo-Gold
Ein Gespräch mit Gilbert & George
Gilbert & George sind inzwischen Klassiker und tun doch alles, was verhindert, dass Ihre Bilder zu klassisch wirken. Der Englische Pavillon ist überfüllt mit Bildern, in denen Sie immer noch wie Lebendige Skulpturen auftreten und dabei die Blätter des Ginkgo-Baums als gespiegeltes Bildelement entdecken. Täglich erschienen sie in den ersten Tagen der Biennale in der Öffentlichkeit und ließen sich vor dem Pavillon geduldig von Besuchern befragen, ablichten und bewundern. Mit Heinz-Norbert Jocks, von dem sie sich vor vier Jahren im Pariser Hotel Coste zum „homoerotischen Blick“ befragen ließen, trafen sie sich in aller Ruhe außerhalb des Geländes morgens auf einer Parkbank abseits des globalen Getümmels, um nicht nur über Ihre jüngsten Arbeiten zu reden. Trotz ihres engen Zeitplans wirkten sie dabei, als nähmen sie sich dafür alle Zeit der Welt. Gilbert, 62, der Schusterbub aus Südtirol, und George, 63, aus der tiefsten englischen Provinz, lernten sich 1967 in der damals progressivsten Londoner Kunstakademie, St. Martin’s School of Art kennen. Die Unzertrennlichen in Tweedanzügen, inzwischen in die Jahre gekommen, wollten noch nie in der Kunstgeschichte ankommen, weil es ihnen mehr um eine Aktualität mit Bezug zur Vergangenheit und Zukunft geht.
Ist es Ihnen recht, wenn ich mich zwischen Ihnen setze?
Gilbert: Wir müssen zusammen sitzen, sonst funktioniert das nicht.
Ich muss Ihnen eine vielleicht etwas dumme Frage stellen: In welcher Weise verstehen Sie sich selbst als „Living Sculpture“?
George: Das Leben als „Living Sculpture“ hat sich so ergeben. Es war wirklich nicht unsere Entscheidung. Als…