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Titel: Tropical Codes · S. 120 - 125
Titel: Tropical Codes , 1987

9. John Dogg

Amerikanische Erhabenheit

John Dogg ist unter seinen Altersgenossen nicht der erste, der die militaristische Funktion von Objekten in der Schwebe läßt – dabei handelt es sich besonders um Autoreifen, die in Sperrholzkisten plaziert oder in Vinyl eingeschlossen werden oder um Rindsleder und verschiedene andere Stoffe synthetischer Natur, wobei all das an die Wand montiert wird. Dadurch unterwirft er den Nutzwert selbst der Ironie und Überflüssigkeit einer entscheidenden Stasis, die sowohl gemäß den Koordinaten der Sublimierung als auch gemäß der Erhabenheit axialisiert wird. Wir haben natürlich auch noch Joel Ottersons Wasser- und Abwasserrohre, Allan McCollums “Perfect Vehicles”, die Staubsauger und Wäschetrockner von Jeff Koons’ sowie die “Waschbecken” von Robert Gober. John Dogg betrachtet den ‘American Way’ quasi als etwas Selbstverständliches, legt ihn im Symbol des Reifens wörtlich aus, um die Metaphysik der funktionierenden Grenze in dieser Art des Bewußtseins zu umklammern. Ökonomisch gesehen wirkt der Begriff der Grenze hier nicht nur als Mechanismus der Sublimation sondern auch als Imperativ für das nationale Ethos. Wenn das Rad die Zivilisation und den archetypischen Fortschritt symbolisiert, dann ist der Autoreifen, indem er unsere Autos, Lastwägen, Jeeps und Freizeitfahrzeuge gleichzeitig realistisch darstellt und schmückt, der perfekte Gradmesser, das perfekte Symbol für den ‘American Way’, und zwar vermutlich mehr als jedes andere Kultursymbol. Der Reifen macht Amerika nicht nur mobil, nein, Dogg erinnert uns auch daran, daß der Reifen im wesentlichen der große “Raumfresser” ist, dem nichts gleichkommt. Dieses Fortbewegungsmittel an der Wand befestigen heißt, ein metaphysisches Vehikel im Orbit der kritischen Erhabenheit “festzunageln”. Vor…

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