Anna Jermolaewa
Alles läuft nach Plan
Ein Gespräch von Ursula Maria Probst
Anna Jermolaewa analysiert in ihren Installationen, Videos und Fotografien auf unsere Existenz direkt oder indirekt einwirkende Machtapparate und Kontrollmechanismen politischer und gesellschaftlicher Systeme. Dabei entwickelt sie subtile, medienübergreifende künstlerische Methoden einer politischen Ästhetik.
Ursula Maria Probst: Fragen der Emigration, der permanenten Migration, wie sich transglobale Phänomene auf die Existenz real auswirken und was es bedeutet von dem Ort an dem man geboren wurde, an einen anderen Ort zu gehen, tauchen immer wieder in deinen Arbeiten auf. Du warst und bist ja selbst betroffen, mußtest als Mitbegründerin der ersten oppositionellen Partei Russlands Demokratische Union und Mitherausgeberin der Parteizeitung das Land verlassen.
Anna Jermolaewa: Ja, Emigration spielt eine Rolle in meinen Arbeiten, wie in meinem Leben. Ich bin nach Wien geflüchtet, meine ganze Familie ist nach Amerika ausgewandert. In St. Petersburg ist niemand mehr von meinen engen Verwandten. Ich hasse die Frage: “Fährst du zu Weihnachten nach Hause?” Denn wo ist in diesem Fall “zu Hause”? Ich bin sehr froh über mein “Gepäck”, das ich aus Russland mitgebracht habe, ich möchte es nicht missen.
In dem Video “Aleksandra Wysokinksa/20 Jahre danach” (2009) triffst du jene Frau wieder, die dir die Flucht nach Wien ermöglichte.
In dieser Arbeit handelt es sich, sagen wir um eine Hommage an eine Frau aus Polen, die mir im Mai 1989 geholfen hat, nach Österreich zu fliehen. Ich war damals politisch aktiv in Russland und bekam es mit dem KGB zu tun. Es folgten Vernehmungen und Hausdurchsuchungen. Uns ist es gelungen,…