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Titel: Hot Spot Tropen · von Edouard Glissant · S. 70 - 71
Titel: Hot Spot Tropen , 2009

Édouard Glissant
Archipelisches Denken

… Zu Zeiten der „Grundbücher“1 und der aus ihnen hervorgehenden Literaturen hat das Systemdenken diese allmählichen und unmerklichen Wechselwirkungen zwischen den Sprachen vorweggenommen und die Bewegungen auf der damaligen Welt, die von seiner Legitimität beherrscht wurde, in einer ideologischen Perspektive betrachtet.

Dieses Systemdenken, das ich auch als „kontinentales Denken“ bezeichne, hat jedoch insoweit versagt, als es das Nicht-System der Kulturen der Welt nicht berücksichtigt hat.

Eine neue Art des Denkens, ein intuitiveres, anfälligeres, bedrohteres, das dafür aber eingestimmt ist auf die Chaos-Welt und ihre Unvorhersehbarkeit, wird vielleicht gestützt von den Erkenntnissen der Geistes- und Sozialwissenschaften, es verweist aber auch auf eine Vision des Poetischen und Imaginären auf der Welt.

Dieses Denken nenne ich „archipelisch“, das heißt, es ist nicht-systematisch, sondern induktiv, es erforscht das Unvorhergesehene des Welt-Ganzen, es bringt den mündlichen Ausdruck mit dem schriftlichen in Übereinstimmung und umgekehrt.

Heute stelle ich fest, dass die Kontinente, zumindest von außen betrachtet, zu Archipelen werden. Nord- und Südamerika bilden Archipele, über die Nationalgrenzen hinweg verbinden sie sich zu Regionen. Ich glaube, wir sollten den Begriff der Region in seine alte Würde wieder einsetzen. Auch Europa wird zum Archipel. Die über die nationalen und sprachlichen Schranken hinwegreichenden kulturellen Regionen bilden Inseln, ohne sich jedoch abzuschließen, denn nur so können sie überleben. (siehe Bild)

Das Systemdenken, das kontinentale Denken, die alte Ideologie einer Vorhersage der Welt, betrachtete die so genannten kleinen Sprachen, ich nenne sie in diesem neuen Sinne regionale Sprachen, als Sprachen der Abschottung, des Rückzugs, der Folklorisierung und eines unwirksamen Partikularismus.

Die daraus folgenden Aufgaben…


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von Edouard Glissant

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