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Titel: Inszenierte Fotografie I · S. 96 - 99
Titel: Inszenierte Fotografie I , 1986

Ben Oyne

Ben Oyne entwirft eine künstliche, eine fiktive Welt. Seine Bilder liefern kein authentisches Bild der Wirklichkeit, sondern das authentische Bild einer Inszenierung von Realität. In diesen spiegelt sich Wirklichkeit wie in einem Brennglas. Witzige, teils auch sarkastische, mitunter gespenstige Zerrformen unserer Alltagswelt. Zugleich erlauben die Fotografien einen Blick in unser Bewußtsein. Denn wir können sie nicht von den Zwecken lösen, für die sie gedacht sind. Ben Oyne ist Werbefotograf. Einer der erfolgreichsten in der Branche. Mit seinen Bildern werden Waren angepriesen. Angesichts der Tendenz seiner Bilder eine gelinde Überraschung, verzichten sie doch vollständig darauf, dem Konsumenten eine paradiesische Zukunft vorzugaukeln, falls er sich zum Kauf entschließt. Insofern signalisieren sie verläßlicher als jede Dokumentarfotografie unser gebrochenes Verhältnis zur Realität. Selbst in der Werbung akzeptieren wir ein negativ verzerrtes Bild unserer Wirklichkeit. Vom Horror fühlen wir uns ebenso angezogen wie von der problemlosen Glücksverheißung. Von der Hölle wie vom Paradies. In gewissem Sinne setzt Ben Oyne die Tradition der Genremalerei fort. Die Realität seiner Bilder entspringt allein seiner sprudelnden Fantasie. Er inszeniert wie ein Filmregisseur und zeichnet die Szenerie in eingefrorenen Bildern auf wie ein Kameramann. Seine Bilder sind im umgangssprachlichen Verständnis des Wortes tatsächlich ‘wahr’. Jeder sieht, daß hier nicht die Wirklichkeit, sondern eine bewußt zugerichtete Wirklichkeit abgelichtet worden ist. Der falsche Wahrheitsanspruch der Dokumentarfotografie entfällt. Die Manipulation ist als solche auf Anhieb erkennbar. So schlägt die Fiktion permanent in Wirklichkeit um. Genauer vielleicht: In Ein-Sichten der Wirklichkeit.

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