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Essay · S. 71 - 75
Essay , 1986

Josef Beuys

1921 – 1986

von Michael Hübl

In Padua, in der Scrovegni-Kapelle sitzt Joseph. Abseits vom baldachinüberdachten Bett seiner Frau, die in trautem Idyll ihr Kleines am Busen birgt und mit dem Engel freundliche Zwiesprache hält, sitzt Joseph. Gedankenverloren schaut er ins Kirchenschiff. Offensichtlich ohne Anteil zu haben an dem freudigen, fern in die Geschichte wirkenden, weltbewegenden Ereignis hinter seinem Rücken. Ein Außenseiter fast, dieser Joseph. Obschon ihn jeder kennt.

Mit dem Zimmermann aus Nazareth, der in späteren Darstellungen als einfacher, aber selbstbewußter Handwerker auftritt, hatte Joseph Beuys den Namen gemein. Nicht aus Zufall, sondern weil seine Eltern sich zum katholischen Glauben bekannten.

Wer in den Tagen nach dem Tode des Künstlers sich die Druckerschwärze journalistischer Trauerarbeit vor Augen hielt, der mochte freilich auf die Idee kommen, Joseph Beuys aus Kleve werde auf ähnliche Weise wahrgenommen, wie Joseph von Nazareth auf dem blaugrundigen padovaner Fresco des Giotto di Bondone zu sehen ist: Abgerückt, aber allen bekannt und für das Gesamtbild unerläßlich. Er hat da einen angestammten Platz. Das genügt. Mehr an Auseinandersetzung mit seiner Person scheint nicht vonnöten.

»Joseph Beuys, den Mann mit dem Filzhut als ‘Markenzeichen’, kannten auch Leute, die sich für Kunst nicht interessieren: Mit zahlreichen spektakulären Aktionen, mit symbolhaftem Fett (Vorrat) und Filz (Wärme) gelang es dem Künstler, zum international bekanntesten deutschen Maler und Bildhauer der Nachkriegsgeschichte zu werden«, meldete dpa am 24. Januar um 13.39 Uhr. Achtundsechzig Minuten später kam von derselben Agentur ein Korrespondentenbericht von Gerd Korinthenberg. Überschrift: »Kunst. Gestorben eins (zwei Teile) Joseph Beuys: Schamane oder Scharlatan?« Dazwischen, um…

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