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Titel: Documenta IX · von Laurens de Keyzer · S. 103 - 105
Titel: Documenta IX , 1992

LAURENS DE KEYZER
Der Bär

JAN HOET – PORTRÄT EINES FREUNDES

Ein Gespräch mit Jan Hoet ist ein gleichermaßen intensives wie chaotisches Ereignis: Ununterbrochen wird geraucht, aufgestanden, etwas herbeigeholt, auf einem Lageplan des documenta-Geländes gemalt, skizziert, geschrieben. Gelegentlich, und obwohl Hoet natürlich keinen zerknitterten Regenmantel trägt und viel und rasch redet, hat man den Eindruck, Detektiv Colombo am Werk zu sehen: in konzentrierter Konfusion.«

*

Dies war, geistreich und korrekt, am 17. Januar in der “Zeit” zu lesen. Es war seinerzeit genau ein Jahr her, daß der Chirurg aus dem für kurze Zeit regungslosen Körper von Jan Hoet eine krebsverseuchte Niere entfernt hatte und zu dem Patienten gesagt hatte: »Jan, von nun an mußt du etwas kürzertreten, dein Nachtleben, deinen Zigaretten- und Alkoholkonsum einschränken.« Aber wie überzeugt man jemanden von der Statur eines Bären und der Seele eines Vogels davon? Ich denke, daß die chaotische Ungeduld von Jan Hoet vor allem von Neugierde und Angst herrührt. Die Neugierde befriedigt er um jeden Preis, auch auf Kosten seiner selbst. Die Angst beschwört er im Rhythmus der Neugierde.

*

Ich fragte ihn irgendwann: »Wie gehst du mit der Angst und dem Zweifel um?« – »Den Zweifel schalte ich aus«, sagte er, »und die Angst liegt unter meinem Kopfkissen, so tief wie möglich. Denn im Kopfkissen hört man nichts, bist du beschützt, behaglich, wie in einer Gebärmutter. Da arbeite ich meine Ängste ab. Oftmals rufe und schreie ich im Schlaf dermaßen, daß meine Frau davon aufwacht oder in Hotels meine Zimmernachbarn. Aber morgens habe ich alles wieder abgeschüttelt, dann…


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von Laurens de Keyzer

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