Martin Blättner
James Frazer Sterling
»Notes from the Archive. Krise der Moderne«
Staatsgalerie Stuttgart, 1.10.2011 – 15.1.2012
Das fragile Überraschungs-Paket des Präsentations-Modells „Haus für den Architekten“ (1948-1949) hat ein halbes Jahrhundert gut überstanden, allenfalls ist es etwas vergilbt, sonst aber erweist sich der geöffnete Versandkarton als fast gänzlich unversehrt. Die „Krise der Moderne“ konnte weder der Versandschachtel noch dem innen befindlichen Modell aus Papier, Sackleinen, Kork und anderen Materialien etwas anhaben. Damals war die Welt der Architekten sozusagen noch krisenfest, die Orientierung in der Nachkriegszeit war klar an den Pionieren der Moderne ausgerichtet: am Bauhaus und Walter Gropius oder in diesem Fall – stilistisch auch an Breuer.
James Frazer Stirling (1924-1922) war damals noch Stipendiat an der Liverpool School of Architecture in New York. Das eben erwähnte Architekten-Refugium (Modell) auf schlanken Stelzen mit offenem Wohnbereich im ersten Stock erinnert an die Privatvillen, die Gropius und Breuer ab Ende der 30er Jahre an der amerikanischen Ostküste bauten. Doch so fragil wie dieses Modell blieb die Architektur in den 50er Jahren nicht, das Zurschaustellens des rauen Betons (béton brut) führte zu der Bezeichnung „Brutalismus“ in der Architektur, aber auch theoretische und soziale Überlegungen untermauerten diesen Begriff.
Stirling, der sich auch stark mit Le Corbusier und seinen Vorstellungen einer funktional gegliederten Stadt auseinandersetzte (die nichts mehr mit einer historisch gewachsenen Ansiedlung zu tun hatte) entwickelte zusehends seine eigenen Ideen, die wohl spätestens mit dem Bau der Neuen Staatsgalerie in der Postmoderne mündeten. Sterling selbst freilich lehnte den Begriff „postmodern“ ebenso wie alle anderen Kategorien für sein…