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Zeichnen zur Zeit · von Reinhard Ermen · S. 186 - 189
Zeichnen zur Zeit , 2018

Jill Baroff

Dasselbe ist nicht immer das Gleiche: Die Bewegungen von Ebbe und Flut etwa, die in ihren Zahlen und Daten erfasst, eine Regelmäßigkeit mit dem natürlichen Potential der Abweichung dokumentieren, ohne dass die stetige Wiederkehr dadurch in Frage geriete; ganz im Gegenteil. Die „Tide Drawings“ von Jill Baroff ließen sich so auf den Punkt bringen. In konzentrischen Ringen verdichten oder öffnen sich die kreisenden Lineaturen, zu sehen ist das Abbild an- und abschwellender Intensitäten. Was sich wo bemerkbar macht, erscheint unwesentlich, aber die niedrigen Werte formulieren sich in linearer Dichte, die steigenden Wasser öffnen die Abstände dazwischen. Die Daten holt Baroff sich aus dem Internet, sie hat ein durchaus sachliches Verhältnis zu ihren Sujets. Es geht zwar um das Wasser, ein Element das sie anzieht, aber im Sinne eines fundamentalen Grundwissens, deshalb hat sie irgendwann auch auf die Farbe Blau beim Auszeichnen verzichtet, um eine assoziative Nähe zu vermeiden. Ihre bevorzugten Töne sind jetzt schwarz oder rot. Sie arbeitet vornehmlich mit Tusche, Reißfeder und Zirkel auf japanischem Gampi-Papier. Die Künstlerin reagiert auf Realitäten, die entsprechende Zahlen aus New York oder Hamburg erfasst sie mit einer konzeptionellen Entscheidung, die Darstellung verallgemeinert sich. Jill Baroff übersetzt in einen anderen Kontext, sie findet zu einem puristischen Realismus von Sachverhalten, der primär Zyklen sichtbar und nachvollziehbar macht. „Bei aller zunächst fast technisch anmutenden Präzision erweisen sich diese Blätter als ereignisreiche, visuell lebendige Bildräume im fundamentalen Spannungsfeld von Differenz und Wiederholung, augenblicklicher Einmaligkeit und Permanenz.“, schreibt Jens Peter Koerver 2008 im Katalog zur Essener Ausstellung…

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