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Ausstellungen: Köln · von Frank Frangenberg · S. 367 - 367
Ausstellungen: Köln , 1994

Frank Frangenberg
Jurij Lejderman

»Das Allerbeste und das sehr Zweifelhafte«
Galerie Inge Baecker, Köln, 25.2. – 16.4.1994

Jurij Lejderman, ehemaliges Mitglied der Moskauer Künstlergruppe “Inspektion Medizinische Hermeneutik”, richtet in seinen aktuellen Installationen den besonderen Charme und Witz Moskauer konzeptueller Prägung auf sehr deutsches Kulturgut: Thomas Manns “Der Zauberberg” sowie “Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull” werden auf das Streckbett seiner “persönlichen schizoiden Projektionen” gelegt. Die zwei Installationen, die in der Galerie Inge Baecker zu sehen sind – eine über die Episode mit der spiritistischen Sitzung aus dem “Zauberberg”, im Roman betitelt “Fragwürdigstes”, eine über eine Episode aus “Felix Krull”, ein Gespräch zwischen Felix Krull und Prof. Kuckuck – illustrieren sozusagen stabile, kanonisierte Standardwerke der Weltliteratur.

Was die beiden Episoden aus den Klassikern deutscher Novellistik für Jurij Lejderman so interessant machen, ihre innere Gegensätzlichkeit wie ihre Entsprechung begründet, sind Aspekte an ihnen, die er mit den Termini “Attrappen” und “Graphomanie” bezeichnet: die Situation des Attrappenhaften ist für Lejderman erreicht in der Anhäufung irgendwelcher Gegenstände, irgendwelcher durch nichts verbundener “Ready- mades”; unter Graphomanie versteht er ein dilettantisches, unvollendetes Schreiben, das alle gegenständlichen Stützen verloren hat – und der Geist des Dichters Holger in der Seance ist in der Tat ein wunderbares Beispiel dafür. Zusammen bilden sie eine verheerende Konstellation – eine Menge Text, aber keine Dinge, die hinter diesen Texten stehen, nur Graphomanie, und Dinge, ohne Erklärung was sie meinen, nur Dinge, die keiner braucht, nur Attrappen.

In der dem Zauberberg gewidmeten Installation ist das Niveau des Zitierens, der Buchstäblichkeit sehr hoch. Dort ist die Situation…



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von Frank Frangenberg

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