Kreation, Reaktion und Konzentration
Erlebnismomente im Kreativdepot an der Zürcher Hochschule der Künste
Kuratorenbericht von Paolo Bianchi
Wir könnten gelassener und kreativer sein.1 Gerald Hüther
Kreativität ist ein wirkmächtiges Potenzial im Menschen, das in allen angelegt, in jedem seine ganz spezifische Präsenz hat. Die Frage ist nur, wie dieses Potenzial zu einer Entfaltung gebracht werden kann? Ein experimentelles Übungsfeld für Dialog, Offenheit und explorative Versuche ist das „Kreativdepot“ an der Zürcher Hochschule der Künste, das mit belebender Ermutigung und seinem Anspruch, inspirative Quelle zu sein, einen ganz eigenen Anteil zur persönlichen Potenzialentfaltung beiträgt. Hier findet das Publikum die Bedingungen vor, sich ganz unmittelbar und spontan kreativen Impulse auszusetzen und sie für sich nutzbar zu machen. Der sowohl kuratorisch als auch szenografisch gestaltete Raum lässt sich auch als Pop-up-Labor bezeichnen, da er für den kurzen Moment nur eines Tages im Herbst 2016 die passenden Bedingungen für einen individuellen Ausdruck bot. (Abb. 01)
Kontaktzone
Erst in der Nachbetrachtung wurde klar, dass das Kreativdepot zwar von der Ahnung her, jedoch völlig ungeplant sich auch als ein Ort herausstellte, der Möglichkeiten einer Befreiung bot, um der „Versklavung des Bewusstseins“ (Ernst Pöppel und Beatrice Wagner) zu entkommen.2 Wir sind deswegen „versklavt“, weil nicht etwas, sondern immer etwas im Bewusstsein kreist, ununterbrochen Informationen verarbeitet und bewertet werden, die Antennen immer ausgefahren sind. „Versklavung in diesem Sinne ist ein Wesensmerkmal des Lebens und somit auch des Menschseins“.3 Wer dies weiterdenkt, merkt, dass wer im allgemeinen und alltäglichen Bewusstseinsstrom treibt, es zulässt, seine Autonomie zu verlieren. Zu Schlüsselbegriffen avancieren nun…