Sprung in eine neue Reflexionsebene
Eine Vorlesung
von Dieter Mersch
Welche anderen Formen des Denkens gibt es als die in der Philosophie üblichen Formen des Denkens, nämlich des propositionalen oder begrifflichen Denkens? Ich frage mich des Weiteren, welche anderen medialen Formate gibt es sonst noch außerhalb von Sprache, worin sich Denken ausdrückt? Und ist vielleicht die Kunst ein Reservoir für eine solche ganz andere Form des Denkens? Darin liegt ebenfalls die Verknüpfung mit der Frage der Kreativität, weil es natürlich bei der Frage der Kreativität nicht nur darum geht, begrifflich kreativ zu arbeiten, sondern vielleicht auch in ganz anderen Medien kreative Vermögen zu entdecken.
Unter Kreativität verstehen wir etwas, was nicht zu fremd sein darf, was aber auch nicht zu vertraut sein darf, sondern was sich in der Mitte aufhält.
Von der Creatio ex Nihilo zur Compositio
Ich möchte in dieser Vorlesung maßgebliche philosophische Ansätze zum Begriff der Kreativität rekonstruieren und dabei meine eigene Akzente setzen. Diese wiederum haben sehr viel mit dem Prinzip oder dem Begriff der Paradoxie zu tun.
Der Begriff der Paradoxie ist eigentlich ein Unbegriff, ein Nichtbegriff, das heißt ein Ausdruck, der sich gleichzeitig selbst durchstreicht, weil er etwas statuiert, was sich nicht in logischen Kategorien fassen lässt. Im Raum der logischen Paradoxie ist man mit einem ausschließenden Widerspruch konfrontiert, mit dem man nicht weiterarbeiten kann, der letztlich die Dimensionen des Schlussfolgerns und des strengen Denkens sprengt.
Demgegenüber beziehe ich mich, wenn ich auf den Begriff der Paradoxie referiere, mehr auf den Wortsinn. Griechisch: Paradoxon lässt…