Heinz-Norbert Jocks
Lothar Baumgarten
Galerie Konrad Fischer, Düsseldorf
»Wer nicht weiß, woher er kommt, kann nicht wissen, wohin er geht«
»Man ziehe den Rock des Landes an, das man besucht, und bewahre den Rock des Landes, aus dem man kommt.« In diesen bemerkenswerten Zeilen von Denis Diderot, die Lothar Baumgarten gerne als Motto seinem Werk voranstellt, findet sich die beharrliche Überzeugung wieder von einem nicht-touristisch-entgleisten, halt ‘anderen Reisen’, das dem fremden Land nichts von dem aufzwingt, was der Reisende an kultureller Erbschaft und hybride vorgetragenen Botschaften mit sich führt. Der neuen Welt etwas mit Gewalt überzustülpen, was nicht selbst aus ihr notwendigerweise gewachsen ist, hieße der Fremdbestimmung Vorschub zu leisten. Mit ihr beginne der abenteuerliche Schrecken der Zivilisation, äußert Baumgarten in einem Gespräch. Ziel bleibt für ihn die zur Utopie gereifte Wiederherstellung gewachsener Harmonien, die mit dem Prozeß der Zivilisation mehr und mehr verlorengegangen sind. Daß sich der Künstler dabei auf einen bedeutenden Philosophen der Aufklärung beruft, ist kein Zufall. Versteht er sich doch als ein mit den Augen des Europäers Sehenden, der nach Südamerika reist, dort alles vorurteilslos in sich aufnimmt, was er wahrnimmt, um daraus überzeugende Kunst werden zu lassen, geprägt vom Geist der Renaissance, der Aufklärung und Romantik, unterwegs, mehr zu erfahren, bereit, aus den Erfahrungen zu lernen: Dem wilden Denken entnimmt er das utopische surplus, von dem aus man zu einem neuen Weltverständnis gelangt. Wer Baumgartens sinnlich und begrifflich erfahrbares Werk sieht, rätselt zunächst darüber, was für ihn ‘Reisen’ bedeutet. Seine sehr geschlossene Komposition aus Fotografien, daneben gesetzten Farb-Pigment-Rechtecken…