Sigrid Feeser
Miriam Cahn: Strategische Orte
Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 14.12.1985-19.1.1986
Städtisches Kunstmuseum Bonn, 19.2.-16.3.1986
»Strategische Orte« hatte Miriam Cahn ihre auf die drei Erdgeschoßkabinette der Kunsthalle bezogene Installation überschrieben. Sie begann zunächst mit vier Blattfolgen, schwarze Kreide auf Papier, rüde an die Wand getackert, die eine Fülle neuer Motive in Vorschlag brachten. »Mit Kindern und Tieren« machte mit einer fast bukolisch heiteren Miriam Cahn bekannt – wie prähistorischer Höhlenmalerei entlehnte Tierformen, Figurenkürzel, Pflanzliches, auf schwellende Rundformen reduzierte Weiblichkeit, alles locker über die Bildfläche verteilt, unabgeschlossen, entgleitend, von ungewohnter Gelöstheit.
Eine zweite Sequenz, dunkler, unklarer, »informeller«, nannte »Fehlende Konzentration« im Titel; die dritte, »Köpfe gesenkt«, war auf den 24.6. 1985 datiert, die vierte, eine »Eisprungarbeit«, auf den 22.6.1983. Nach dem Sinn dieses kryptischen Tagebuchaufblätterns würde man wohl vergeblich gefragt haben, hätte Miriam Cahn im nächsten Raum nicht eine zumindest partielle Lösung ihres Bilderrätsels parat gehabt, dort lagen nämlich – eine Serie blickloser »Ahnen« schaute zu – zwei ihrer bekannten Malbücher aus. Das eine, in Schwarzweiß, nahm wiederum die »Kinder und Tiere«-Thematik des ersten Raumes auf, das zweite, mit regenbogenfarben bunten, ganz zart gestrichelten Zeichnungen gefüllt, barg, wie erst der Titel enthüllte, den Schock und die gezielte, fast zynische Umkehrung der ersten Eindrücke: »A- und H-Tests«, Atombombenversuche also, waren hier gemeint, Cahns vermeintliche Farbspielereien nicht als absichtsvolle Miniaturen, die das Entsetzliche auf den – fatalistischen? ironischen? – Punkt brachten.
Raum drei, dem ersten spiegelbildlich, doch ohne Ausgang zugeordnet, ließ dann den Alptraum konkret werden. Drei Landschaften nur, Berge, Hügel und Stadt, übergroß, wandfüllend, aus der…
