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Ausstellungen: Pulheim · von Uta M. Reindl · S. 334 - 335
Ausstellungen: Pulheim , 2006

Uta M. Reindl
Santiago Sierra:245m3

Synagoge Stommeln, Pulheim, Ab 12.3., am 21.03. abgesetzt

Wer das radikale Oeuvre des Konzeptkünstlers kennt, hätte ahnen können, dass seine Kunst in einer deutschen Synagoge provozieren würde: Mit Gas hat Santiago Sierra die kleine Synagoge Stommeln in der Peripherie Kölns gefüllt und “245 Kubikmeter” genannt. Der Besucher konnte das Gebäude nach schriftlicher Erklärung nur auf eigene Gefahr betreten, nur mit Gasmaske. Allein diese Einstimmung ließ zaudern, doch das ist Bestandteil des Konzepts. Auch das äußerst umsichtige Anpassen der Gasmaske durch einen Feuerwehrmann, der jeden Besucher bei seinem ansonsten alleinigen Gang durch Sierras Arbeit begleitet. Die Enge der Gasmaske, das unheimliche Geräusch des eigenen Atems darin begleitet die Begegnung mit dem fast leeren Raum. Da stehen nur einige Messegeräte, irritiert das anfänglich rot aufblinkende Plexischild mit dem bedrohlichen Totenkopfmotiv und der laufenden Gestalt als Symbol des Fluchtweges. Acht Schläuche schieben sich von außen durch die Fenster, weil sie Abgase von sechs im Stadtraum geparkten Autos in das Innere der Synagoge blasen. In dieser Wahrnehmung wird die Situation schier unerträglich, wird vor allem deutlich, dass es um weit mehr geht als etwa um eine 1:1 Simulation der Holocaust-Gaskammer. Wie der Künstler auch auf den Plakaten am Ausstellungsort erklärt, will “245 Kubikmeter” vor allem “eine Arbeit über den industrialisierten und institutionalisierten Tod sein, von dem die europäischen Völker auf der Welt lebten und immer noch leben.” Das schreibt ein Europäer, der sich für ein Leben außerhalb Europas in Lateinamerika entschieden hat: der 39jährige Künstler lebt in Mexiko.

Dass die Synagoge Stommeln,…


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