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Ausstellungen: Odense · von Dieter Buchhart · S. 445 - 447
Ausstellungen: Odense , 2005

Dieter Buchhart
Shadow Play

»Eine zeitgenössische Phänomenologie des Schattens«
Kunsthalle Brandts Klædefabrik, 28.5. – 28.8.2005

Lucky Luke ist der Mann, der schneller als sein Schatten schießt. Lässig mit Zigarette im Mund – heute als politisch korrekter Held an einem Strohhalm (!) kauend – durchlöchert der Cowboy seinen eigenen Schatten. Sein Schatten verselbstständigt sich als Doppelgänger und wird zur Zielscheibe und zugleich zum Kontrahenten. Lucky Lukes Körperschatten zieht als willenloser Nachahmer zeitverzögert und verliert das Duell, stirbt gefangen in einer fiktiven Bildwelt, ohne sterben zu können.

Sigmar Polke verzichtet in seinem Diptychon “Lucky Luke and His Friends” von Anfang der 1970er Jahre auf den Comic-Helden. Er überträgt dessen Schatten, der etwas zu spät nach seinem Revolver greift, als Negativform einer Schablone, sodass die Silhouette des Schattens als Aussparung auf der Leinwand erscheint. Der Künstler treibt als Reflexion über die Alltagskultur ein doppelbödiges Spiel mit der Verselbstständigung des Schattens, dem er schemenhaft Mund- und Augenhöhlen verleiht. Auf dem zweiten Teil des Diptychons schießt ein düster aussehender Mann vor der Kulisse einer anonymisierten menschlichen Masse aus dem Bild, trifft vielleicht Lucky Lukes Schatten oder sein eigenes Konterfei, das sich auch auf der zweiten Bildtafel sowohl als Positiv als auch als Negativ findet. Polke treibt vor dem Wechselspiel aus Rasterung, Linienzeichnung, gestischen Pinselzügen, Zufallsformen und Sprüh- und Schablonentechnik das Vexierspiel mit dem Schatten auf die Spitze und entzieht der zugrunde liegenden Comic-Darstellung ihre scheinbar eindeutige Lesbarkeit.

Der Schatten ist seiner strengen physikalischen Kausalität als Anzeichen von abgeschirmtem Licht beraubt. Und doch scheint ein Großteil der künstlerischen Positionen in…



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