E.S. Mayorga:
Von der Begierde besessen und vom Zweifel belagert.
Ein Gespräch mit Oliver Zybok
Der in Mexico-City geborene Künstler E.S. Mayorga spürt in seiner künstlerischen Auseinandersetzung die Ambivalenz emotionaler Befindlichkeit auf, die sich zum einen in Sehnsüchten nach Geborgenheit artikuliert, zum anderen in existentialistischen Abgründen, in Ängsten vor dem Ungewissen und resignativen Introspektionen. In Mayorgas Videos, skulpturalen Objekten, Zeichnungen und Fotografien wird ein Begriff von Leben angedeutet, der alle Möglichkeiten des sinnlich Erfahrbaren mit den Möglichkeiten des Vorstellbaren bruchlos miteinander in Verbindung zu bringen trachtet. Der Künstler fügt unterschiedliche Anschauungswelten zu neuen überraschenden Erkenntnisbildern zusammen, die aber niemals abgeschlossen sind, sondern immer wieder auf ihre jeweils „andere Seite“ ausgerichtet sind. Eine andere Seite stellt immer der Betrachter mit seiner jeweiligen Weltsicht dar: Mayorgas Arbeiten zielen stets auf dessen spezielle Begierde, mehr von einem umfassenden Lebensprinzip für sich in bildhaft greifbare Erfahrung zu bringen.
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Oliver Zybok: Die Fantastische Kunst im weitesten Sinn bedient sich meist derselben gleichbleibenden Themen, Motive und Figuren. Sie tut dies mittels bestimmter Verfahren, die medienunabhängig zu beobachten sind. Diese Verfahren lassen sich beschreiben als Strategien der Verwandlung (Metamorphose), der Deformation oder der Zerstückelung (Dekonstruktion) und der Neukombination nicht kompatibler Einzelelemente (besonders zu beobachten in der Groteske), sowie der Überschreitung jedweder Art. Sie sind zum Teil spielerisch angelegt: als Spiel mit dem Referenten, als Realitätsfiktion oder als Spiel mit der Transzendenz. Diese Verfahren verfolgen vereinzelt bewusste Grenzüberschreitungen (das heißt Grenzen von Traum und Wirklichkeit, von Leben und Tod, von Natürlichem und Übernatürlichem), wie sie überhaupt auf die Subversion der Wahrnehmung…