Wir erleben einen Neo-Faschismus des 21. Jahrhunderts
Ein Gespräch mit Beral Madra
Über Kunst und Politik in der Türkei. Über den Aufstieg des Politischen Islam; Präsident Erdogans Weissen Palast „Aksaray“ und die Aussichten der Kunst in der Metropole Istanbul
Von Ingo Arend
Die Kuratorin und Kritikerin Beral Madra, geboren 1942 in Istanbul, gilt als eine der Gründungspersönlichkeiten der neuen Kunstszene der Türkei seit dem Beginn der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Sie blickt auf eine imponierende, teilweise historische Ausstellungsgeschichte zurück. 1987 und 1989 kuratierte sie die 1. und 2. Istanbul-Biennale. 1994 kuratierte sie zusammen mit René Block die bahnbrechende Ausstellung „Iskele-Türkische Kunst Heute“ in Berlin und Stuttgart. 2002 gründete sie das Diyarbakır Art Center. 2007 erschien ihr Buch „Maidan – Essays on Contemporary Art in South Caucasus and Middle East“. 2009 kuratierte sie den Zentralasiatischen Pavillon auf der Biennale von Venedig und gehörte zu den Initiatoren und Kuratoren der Ausstellung „Next Wave, Exhibition of 17 Women Artists from Turkey“ in der Berliner Akademie der Künste. 2010 besorgte sie die Sektion Bildende Kunst im Programm „Istanbul – Kulturhauptstadt Europas“. 2014 kuratierte sie die Canakkale-Biennale. In Istanbul leitet sie das BM – Center for Contemporary Art und führt die 2012 von ihr mitgegründete Galerie Kuad.
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Ingo Arend: Beral Madra, erinnern Sie sich noch an das Jahr 2002?
BERAL MADRA: Zu der Zeit war ich viel mit Ausstellungen und Kuratieren beschäftigt, nicht so sehr mit Politik. Als Mitglied der Initiative Anadolu Kültür habe ich damals für das Zentrum für zeitgenössische Kunst in Diyarbakır gearbeitet.
In diesem Jahr wurde Erdogan…