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Essay · von Amine Haase · S. 248 - 253
Essay , 2010

Amine Haase
A Terrible Beauty

In Dublins City Gallery ist zu sehen, wie mit dem Erbe von Francis Bacon umgegangen wird

Full fathom five thy father lies,
Of his bones are coral made

(William Shakepeare, The Tempest)

Die Erynnien haben ihn sein Leben lang gejagt. Und er wartete wohl vergeblich darauf, dass sich die Rachegöttinnen in „Wohlgesinnte“ verwandeln würden – wie in den „Eumeniden“ des griechischen Tragödienschreibers Aischylos, der neben Shakespeare, T.S. Eliot und Marcel Proust zu seinen Lieblingsautoren gehört haben soll. Wenn man über Francis Bacon schreibt, muss vieles in der Möglichkeitsform des Konjunktiv bleiben. Er selbst, seine Hagiographen und seine Feinde verhinderten mit ausgeklügelter Systematik, dass ein klares Bild des Menschen entstehen konnte, der hinter den Bildern stand, diesen erschütternden Darstellungen menschlicher Zerrissenheit. Nicht, dass Bacon geschwiegen hätte; aber er scheint den Eindruck, den er von sich hinterlassen wollte, mit jedem Gesprächspartner zu wechseln. Gesprächspartner und Wegbegleiter gab es viele. Und so hat die Person des berühmten Malers, begnadeten Trinkers, leidenschaftlichen Spielers, extravaganten Homosexuellen viele schillernde Seiten. Eines aber stet ziemlich sicher fest: Dublin, die Stadt, in der er geboren wurde, hat er nachdem er sie mit sechzehn verließ, nicht mehr mit einem Besuch beehrt – höchstens eine Stippvisite gemacht. Zu seinem eher unehrenhaften Weggang gibt es – auch wieder geheimniskrämerisch – unterschiedliche Versionen. Die wohl einleuchtendste ist, dass der gestrenge Vater, als er den Hang des zweitältesten Sohnes zu seinen Stallburschen entdeckte, ihn „zur Besserung“ in die Obhut eines Verwandten nach Berlin schickte – wo Frances in der Libertinage der Roaring Twenties…


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