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Ausstellungen: Berlin · von Ronald Berg · S. 254 - 256
Ausstellungen: Berlin , 2010

Ronald Berg
Bestiarium

Walton Ford und seine nur scheinbar altmeisterlichen Tierbilder
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin, 23.1. – 24.5.2010

Walton Fords großformatigen Tieraquarelle scheinen auf den ersten Blick nicht recht in ein „Museum für Gegenwart“ zu passen. Allzu altertümlich sehen die Motive des 1950 geborenen US-Amerikaners aus. Ford pflegt in seinem „Bestiarium“ den Stil des 19. Jahrhunderts, wie er in ornithologischen Prachtbänden oder in Illustrationen zur Fauna zu finden war.

So präsentiert Ford einen „Riesenelefantenvogel“ aus Madagaskar trotz gefesseltem Beins in scheinbar stolzer und würdiger Pose mit Küken vor der Küste Madagaskars, wo klein, in der Ferne, ein Dreimaster offenbar jene Franzosen anlandete, welche die Vogelart – wahrscheinlich so groß wie ein Strauss – als letzte im 17. Jahrhundert beschrieben haben. Oder: Ein mächtiger Bison steht eingekreist von einem Rudels weißer, teils verwundeter Wölfe inmitten eines Gartens im französischem Stil mit gestutzten Bäumchen und vasenbestandenen Postamenten. Desweiteren tauchen in Fords Tierdarstellungen auf: Ein langhörniger Bock, bunt gefiederte Vögel diverser Spezies, ein schwarzer Panther im Schnee, oder eine sich balgende Affenhorde an schön gedeckter, aber schon ziemlich durchwühlter Essenstafel. Die Affen kosten Brot und Früchte, wobei einer der Tiere mitten auf dem Tisch bei einem Glas Wein zu sinnieren scheint. Auch ein Eisbär darf in Berlin natürlich nicht fehlen, jener Stadt in der ein Eisbärenbaby namens Knut zum liebsten Kind der Bevölkerung avancierte. Der Bär bei Ford posiert allerdings mit der Tatze auf einem menschlichen Schädel.

Man ahnt: Die schönen und virtuos gemalten Bilder scheinen nur die anmutige Fassade dunkler Abgründe darzustellen. Die…



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