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Ausstellungen: Sankt Gallen · von Max Glauner · S. 276 - 278
Ausstellungen: Sankt Gallen ,

Sankt Gallen
Agnes Scherer

Ein seltsames Spiel
Kunst Halle 04.11.2023 – 21.01.2024

von Max Glauner

Dioramen üben eine ungebrochene Faszination aus. Kalvarienberge, Krippen und lebensgroße Kreuztragungsgruppen aus Wachs, Gips, Stoff und Pappmaschee sorgten für Augenfreude und volksfromme Anteilnahme am Heilsgeschehen. In Naturkundemuseen, Wachsfigurenkabinetten, auf Volksfesten und im Märchengarten schaudern wir im Verein mit unseren Kindern vor dreidimensionaler Lebensnähe, die digital nicht zu überbieten ist.

Destinktions- und Legitimationsdruck der modernen und postmodernen Kunstproduktion hat das Genre weitgehend zum Verschwinden gebracht beziehungsweise der Zerstreuungsindustrie überlassen, statt sich mit dreidimensionalen Erfahrungsräumen zu beschäftigen. Marcel Duchamps Etant donnés 1946 – 1966, Louise Bourgeois’ Destruction of the Father 1974, Environments von George Segal, Ed Kienholz, Anna Oppermann oder Ilya Kabakow blieben Ausnahmen wie die Miniaturfigurenmassakerkunst der Gebrüder Chapman oder die gebastelten Pappmodelllandschaften eines Thomas Hirschhorn.

Es gibt Indikatoren, dass sich das nun ändert. Im Schatten des Digitalen meldet sich das Präsenzversprechen der Kunst. Begehbare Erlebnisräume erklären das Publikum zu Darsteller*innen inszenierter Lebenswelten wie in Mike Nelsons I, Imposter einer verlassenen Karawanserei im britischen Pavillon auf der Venedig Biennale 2011 oder Kaari Upsons There is no Such Thing as Outside 2017 / 2019, ein multimedialer Tumultraum des Verdrängten. Wir erinnern uns an das Buzzword „Immersion“ das distanzlose Aufgehen des Publikums im Kunsterleben.

Die Ausstellung Ein seltsames Spiel der deutschen Agnes Scherer, Jahrgang 1985, in der Kunsthalle Sankt Gallen spielt damit und liefert eine intelligente Umdeutung. Die Professorin für Malerei am Salzburger Mozarteum triggert Sehnsuchtsbilder und verweigert die vorbehaltlose Hingabe. Theater trifft auf Kunst, Kunst auf Theater.

Agnes Scherer stellt lebensgrosse Szenografien grotesker Figurengruppen…

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