Heinz-Norbert Jocks
Die Angst des Photographen vor der falschen Bewegung
Ein Gespräch mit Wim Wenders Von Heinz-Norbert Jocks
Wim Wenders, bekannt als Filmemacher, der ewig unterwegs ist, hat weit, bevor er seine ersten Leinwanderfolge feierte, bereits photographiert. Oft kommen seine Photos ohne handelndes Personal aus und umkreisen ihr leeres Zentrum mit topographischem Gespür. Der Mensch erscheint da nur noch als Spurenelement. Wo er sich auch hinwendet, Wenders entdeckt entweder Geisterstädte oder Zwischenräume und immer wieder die Phantome des Gewesenen. „Orte“, so schrieb er einmal, „haben ein Gedächtnis. Sie erinnern sich an alles, als sei es in Stein gemeißelt, tiefer als der tiefste Ozean. Vielleicht photographiere ich deswegen vor allem Orte. Um ihre Existenz nicht als selbstverständlich und gegeben hinzunehmen. Um an ihre Erinnerungsvermögen zu appellieren, uns nicht zu vergessen.“ „Seine Bilder von der Oberfläche der Erde“, so der Titel eines Schirmer/Mosel- Bandes, gehen in die Tiefe. Was es damit auf sich hat, wollte Heinz-Norbert Jocks wissen und traf den Photographen in Berlin.
H.-N.J.: Als Sie 1983 mit Photographieren anfingen, geschah das als Vorarbeit für Ihre Filme, nicht wahr?
W.W.: Das ist nur halb richtig. Wahrscheinlich bin ich selber ein bisschen an der Verbreitung dieser Halbwahrheit schuld. In meinem ersten Photobuch zur Ausstellung „Written in the West“ habe ich gesagt, dass ich bei der Vorbereitung zu „Paris, Texas“ viel photographiert habe, um auf das Licht und die Farben im Amerikanischen Westen vorbereitet zu sein. (Seitdem photographiere ich ausschließlich nur noch in Farbe.) Und dass ich dabei zum ersten Mal eine Mittelformatkamera benutzt habe,…