Dortmund
Flowers!
Blumen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
Museum Ostwall im Dortmunder U 30.04.–25.09.2022
von Claudia Posca
Hübsch, dekorativ, barock, – von wegen! Mit „Flowers! Blumen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts“ sieht man Blütenmeer und Pflanzenkunst längst nicht totinterpretiert. Wie auch, wenn zeitgenössische Buketts den Treibhäusern investigativer Konzeptkunst und den Laboren künstlicher Intelligenz entstammen? Üppiges ist da erwartbar: vielfarbbunt und bissig, als Bruch mit Brauchtum, Sitte und Symbol, als Hybridisierung, als De- und Re-Konstruktion rund um Pflanze & Co. Verdacht jedenfalls hat sich, wer als Matrix fürs Blumige vorrangig ein Stillleben mit Vase imaginierte. Schließlich emanzipierte sich die Moderne schon Anfang des 20. Jahrhunderts von den Altmeistern detaillierter Naturstudie und romantischer Symbol-Darstellung. Ernst Ludwig Kirchners in Dortmund eingangs gezeigtes, expressives „Stillleben mit Früchtekorb“ von 1918 / 19 ist ein dafür frühes Beispiel wider normative Ding- und Körperdarstellung.
Bis zur Multimedia-Installation „Power Plants“ der Experimental-Filmemacherin Hito Steyerl (*1966 in München) spannt sich das von Ostwall-Museumschefin Regina Selter in Kooperation mit Stefanie Weisshorn-Ponert kuratierte Manifest der “Flowers!“-Ausstellung. Werke von Beuys bis Warhol, von Felix Dobbert über Fischli / Weiss bis hin zu Adolf Winkelmanns & Hans Steingers „wackelnder Wiese“ im Windfang des Dortmunder U sind darunter. Der fulminante Streifzug durchs florale Universum ist der jüngeren bis jüngsten Kunstgeschichte zwischen Malerei, Fotografie, Skulptur, Video und Installation, zwischen Kunst und Künstlichkeit, Realität und Fiktion gewidmet.
Kraftvolle 64 LED-Paneele und 11 Textmodule arbeiten in „Power Plants“ für Steyerls KI-gestützte Zucht eines „anarchischen Herbariums“ (Marcella Lista) zur Analyse politisch-gesellschaftlich-ökologischer Schieflagen. Eindringlich flutet das Sinne, Herz…