Müssen Sammlungen demokratischer werden?
von Teresa Retzer
Medienkunst und die Digitalisierung der Gesellschaft
Die von vielen erhoffte sozio-ökonomische Demokratisierung der Gesellschaft führten die Digitalisierung und das Internet nicht herbei. Jedoch veränderten sie die Bedingungen der Zugänglichkeit und Partizipation an Kunst und öffentlichen Diskursen grundlegend. Institutionen, die Kunst von der und für die Gesellschaft repräsentieren und sammeln, spüren den gesellschaftlichen Druck von Tag zu Tag mehr, was sie dazu zwingt, sich politisch zu positionieren und kulturelle Veränderungen mitzutragen, die als kulturelles Erbe in die Archive mit einfließen.1
Durch Medienkunst, die sich mittels historischer und aktueller Medientechnologien öffentlicher Diskurse bedient, kommt der Druck von innen auf die Archive hinzu. Für die historischen Anfänge verschiedener medienkritischer respektive apparativ gestützter künstlerischer Bewegungen in den 1950er bis 1960er Jahren etablierte sich in den 1970ern der Begriff „Medienkunst“.
Zwei Bedingungen unterscheiden den Archivierungsprozess von Medienkunst besonders von nicht-technologischer Kunst: Erstens arbeitet Medienkunst mit bereits historischen oder aktuellen gesellschaftlichen Leitmedien, und wie Marshall McLuhan Anfang der 1960er festgestellt hatte, ist die Entwicklung der Gesellschaft von jener ihrer Leitmedien nicht zu trennen. Zweitens ist Medienkunst aufgrund ihrer apparativen Abhängigkeit von disruptiven Medientechnologien nur für eine gewisse Zeit überlebensfähig und erfordert oft spezifische, teilweise noch unerforschte Konservierungsmaßnahmen.
Bei Film, Video, audio- und computerbasierten Arbeiten läuft eine bestimmte (Halb-)Bildfolge in einem genauen Zeitraum, weshalb komplizierte technische Vorgänge in der Migration von analogen Signalen auf digitale Speicher nötig sind. Zur Konservierung von Medienkunst und multimedialen Installationen ist das tiefgründige Erforschen und Verstehen ihrer Eigenschaften und ihres Verhaltens die Grundvoraussetzung. Medienkunstwerke lösen sich von der Idee des Originals….