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Titel: 50. Biennale Venedig · von Michael Hübl · S. 244 - 245
Titel: 50. Biennale Venedig , 2003

NORDISCHE LÄNDER: Kristina Bræin, Karin Mamma Andersson, Liisa Lounila Eine Szene am Rande: Austausch von Visitenkarten. Oben der Name eines isländischen Presseorgans, dann der Name der Person, darunter die Berufsbezeichnung: bladamadur. Das heißt roh übersetzt: Blattmann, also Zeitungsmann, Journalist. Doch das Gegenüber ist eindeutig eine Frau. Lief da etwas schief? Achtet man in Nordeuropa nicht weitaus stärker als anderswo auf Gleichberechtigung der Geschlechter? Wenn also in Deutschland mittlerweile tunlichst darauf geachtet wird, dass zugleich mit der männlichen Berufsbezeichnung auch die weibliche angeführt wird (das sogenannte Splitting), dann müsste solch ein symmetrischer Sprachgebrauch doch erst recht in einer Region greifen, in der die Frau traditionell eine starke Position einnimmt. Also müsste im konkreten Fall statt “bladamadur” die Berufsangabe “bladakona” stehen. Nein, so die Antwort. Zwar habe es auch in Island eine ähnliche feministische Sprachpolitik gegeben wie etwa in den deutschsprachigen oder englischsprachigen Ländern. Aber sie habe eher zu einer Art Gettoisierung geführt.

Dieses Problem betraf auch den Biennale-Beitrag im Nordischen Pavillon, an dem allerdings nicht alle Staaten Nordeuropas, sondern lediglich Finnland, Norwegen und Schweden beteiligt sind; Dänemark und Island treten separat auf. Die Dichotomie männlich/weiblich habe man unbedingt vermeiden wollen, weil sie (siehe oben) eine Trennung in Zentrum und Rand impliziert, bemerkt Andrea Kroksnes, eine der beiden Kuratorinnen, und erklärt: “Es wäre als Strategie weit eher fruchtbringend als Frau aus einer Position im oder nahe am Zentrum zu sprechen, aber im Bewusstsein des Randes; auf diese Weise würden die traditionell entgegengesetzten Pole amalgamiert.”1 Mit anderen Worten: in diesem Jahr wird…

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