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Titel: Müllkunst · von Paolo Bianchi · S. 76 - 79
Titel: Müllkunst , 2004

PAOLA DI BELLO
EXISTENZIELLE KARTOGRAPHIE

VON PAOLO BIANCHI

Wohin kommen Dinge, die nicht mehr gebraucht werden? Eine Möglichkeit: Sie landen auf dem Müll. Wobei das wiederum nicht die ganze Wahrheit bedeutet. Der Metaphysiker, welcher der philosophischen Lehre von den letzten, nicht erfahr- und erkennbaren Gründen des Seins nachspürt, würde bestimmt antworten: Was aufgehört hat, nützlich zu sein, fängt ganz einfach an zu sein. In Italien finden sich die unbrauchbaren Dinge oft auf der Straße wieder. Paola Di Bello (geboren 1961 in Neapel, lebt in Mailand) nennt eine Fotoserie über Müll an der Ecke “Concrete Island”, das klingt nach Abenteuer. So wie die Inseln der Seligen am Rande der Welt liegen, ist es die Peripherie von Mailand, sind es die Un- und Nichtorte des Urbanen, welche die Fotografin durchstreift, um dort mit der Kamera die flüchtige Wirklichkeit des Abfalls zu vermessen. “Meine Idee ist”, erklärt Di Bello, “aus dem Blickwinkel und Sinnumfeld der Objekte zu fotografieren und sie so zu betrachten, als befänden sie sich nach wie vor im Haus oder in Gebrauch.”

DAS KIPPEN DER BILDER

Was Paola Di Bello zeigt, sind Dinge, wie Lavabo, Tisch, Sessel, Sofa oder eine mit “Uscita” beschriftete Holzhütte, die sie allesamt in einer Horizontallinie abbildet. Diese Re-Vision der Objekte dokumentiert nicht, was ist, sondern wie es in einem Wunschraum sein könnte. Di Bello zeigt uns die Welt als Erzählerin, die zugleich analytisch verkürzt und abstrahiert. Sie inszeniert ihre Fundstücke nicht, setzt sie aber fast laborhaft experimentell in Szene. Sie befragt sie auf die Basics einer existenziellen Kartographie. Woher…


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