München
Turner
Three Horizons
Lenbachhaus 28.10.2023 – 10.03.2024
von Martin Blättner
Der Ansturm ist überwältigend und der Anblick vor dem Kunstbau ungewohnt. Da stehen Besuchergruppen in der Warteschlange, um eingelassen zu werden, und im Innern drängen sich die Menschen um die Werke, um Wandtexte und um Verkaufsartikel. Ein voller Erfolg also. Zu Recht, denn so oft sieht man Turner nicht in einer so geballten Anzahl von rund 40 Gemälden sowie 40 Aquarellen und Skizzen aus allen Schaffensphasen. Irgendeinen Stein muss das Lenbachhaus im Brett der Londoner Tate Gallery haben, dass sie so vertrauensvoll Werke von der Insel in die Europäische Union verschickt: eine beachtliche Kooperation mit der Tate Britain, die ihr Allerheiligstes außer Haus gab. Gibt es aber auch was Neues zu entdecken?
Wir glauben ja, vieles über Joseph Mallord William Turner zu wissen: über seine Rolle als Erneuerer und Vorreiter der Moderne, über seinen Mut, auf Kosten der Gegenständlichkeit Dunst, Licht und Farbe, das Atmosphärische aus den Landschaften zu filtern, über sein Wagnis, die Impression zum Hauptmotiv seiner Darstellung werden zu lassen, und zwar zu Zeiten der Romantik, als es weder Impressionisten noch einen Begriff darüber gab. All das meinen wir zu wissen. All das aber am Original und nicht nur in Abbildungen nachvollziehen zu können, ist noch mal was anderes. Das gilt im Besonderen für sein Spätwerk, das damit verblüfft, dass die Grenzen des Erkennbaren immer weiter verschoben werden.
In Gemälden wie Sonnenuntergang vom Gipfel des Rigi aus sehen wir fast nur noch gelbe und weiße und rosafarbene Flächen, ein Gipfel ist gerade…
