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Titel: Die Zukunft des Körpers II · von Detlef Bernhard Linke · S. 179 - 183
Titel: Die Zukunft des Körpers II , 1996

DETLEF B. LINKE
Vom verzichtenden Körper springt ein Funke auf den Computer

I. Eine Ethik des Verzichts?

Der Verzicht nimmt nicht, sondern er gibt, sagt Martin Heidegger, und man mag dabei an die ausgesparten Malflächen in der chinesischen und japanischen Landschaftsmalerei denken, die der Landschaft mehr geben, als es jegliche Ocker-, Siena- oder Umbra-Farben vermocht hätten. Der menschliche Körper jedoch geht wie ein Schwamm über diese Landschaft, alles in sich aufnehmend und verschmierend, auch wenn es zuvor in noch so differenzierten Schinkenröllchen garniert war. Die Stoffwechselfachleute postulieren in Fortschreibung des Aufnahmeprozesses sogar einen Kreislauf der Dinge. Dieser gerät in Schwierigkeiten, denn jetzt, wo die Erdkruste weitgehend in den Menschen transformiert ist, muß der Mensch an seiner Zehe nagen, um noch die Figur des Kreises erzeugen zu können. Der Mensch wird zum Mandala, welches die Meditation des Nichts gestattet. Er nimmt die Gestalt des Nichts an, das er in der Geste des Verzichts hätte zulassen können, dort aber verschmähte. Einst als köstliche Speise angeboten, kommt es nun selbst als Verzehrer. Der Mensch weiß nicht, wohin er ausweichen sollte. Seine Sehnsucht richtet sich auf Dauer. Und so sieht er den Computer, auf den der Funke seines Begehrens überspringt. Er verzehrt sich, während er sich dem Computer zuwendet. Der Mensch verzehrt seinen Körper, hoffend, daß er als Subjekt des Verzehrens überlebt, doch der Speisevorgang des Ouroboros läßt kein Subjekt zu, er ist die chemische Auflösung für eine neue Gestalt.

II. Die Person der Bioethik wird zum Tier der Offenbarung

Der Mensch ist das nicht festgestellte Tier, sagt…


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von Detlef Bernhard Linke

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