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Titel: Weltkunst - Globalkultur · von Rasheed Araeen · S. 233 - 235
Titel: Weltkunst - Globalkultur , 1992

Rasheed Araeen
Wer bin ich? Woher komme ich?

Wie soll ich, ein Nichteuropäer, mich gegenüber der europäischen Gesellschaft verhalten, in der ich zwar lebe, zu der ich aber nicht gehöre? Wie reagiere ich auf die in dieser Gesellschaft verbreitete Annahme weißer Überlegenheit? Das sind einige der Fragen, mit denen ich ständig zu tun habe und mich in meiner – künstlerischen und schriftstellerischen – Arbeit auseinanderzusetzen versuche.

Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, sich mit diesen Fragen zu befassen: Entweder man ergeht sich in metaphysischen Spekulationen und wendet sich von ebenjener Wirklichkeit ab, zu der man gehört. Oder aber man betrachtet diese materielle Wirklichkeit ganz genau und versucht in diesem Rahmen, auf besagte Fragen eine Antwort zu finden.

Das Problem metaphysischer (oder spiritueller) Projektionen erhebt sich für mich erst gar nicht. Die Metaphysik gehört in die Sphäre des materiellen Überflusses. Die Struktur meiner Existenz und die für mein Dasein bestimmenden Kategorien – und das gilt für die ganze Welt, aus der ich stamme und der ich angehöre – werden durch offenkundig materialistische Kräfte definiert und dominiert. Wollte ich diese Materialität unserer Existenz – das heißt Armut und Unterentwicklung – durch eine bestimmte (metaphysisch oder spirituell ausgerichtete) Kunstaktivität unkenntlich machen oder beschönigen, dann würde ich mich einer groben Unaufrichtigkeit schuldig machen.

Es herrscht weithin der Glaube, daß es eine universelle menschliche Essenz gibt und daß Kunst diese Essenz zum Vorschein zu bringen habe, indem sie deren spezifische materielle Bedingungen transzendiert. Es ist ja auch ohne weiteres verständlich, warum der bourgeoisen Ideologie soviel an dieser “menschlichen Essenz” gelegen…


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