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Titel: documenta 12 · von Michael Hübl · S. 64 - 73
Titel: documenta 12 , 2007

Michael Hübl
Zwischen ‘low profile’ und Luanda Pop

Die neue Stellung der afrikanischen Kunst in Kassel und in Venedig

Er war der Star von Kassel: ROMUALD HAZOUMÉ. Ein Fürst. Ein König. Mehr noch: ein Künstler, eingeflogen in eine Stadt, die zwischen Grün und Grau deutsches Mittelmaß hält, die mit bekennerhafter Hingabe einige kulturelle Hinterlassenschaften pflegt und die sich in einem anfangs wechselnden, später regelmäßigen Rhythmus zu einem Großereignis aufbäumt, das ihr Hauptinitiator Arnold Bode zur “Weltkunstausstellung” erhob. Wie unter konvulsivischen Zuckungen wird seither die Documenta geboren. Die Zulieferbetriebe für Sinnaufbau, Sinnregulierung und Sinnentsorgung – Journalisten, Kritiker, Rezensenten – treten zu Hunderten, ja Tausenden an, und das muss auch so sein: Selbst der Knabe von Bethlehem wäre vielleicht unbekannt geblieben, hätten nicht drei Reisende, vermutlich Astrologen aus Arabien1, die Nachricht von seiner Geburt verbreitet. Einer von ihnen, so meinte man im Mittelalter, habe Caspar geheißen und sei ein Schwarzer gewesen, ein König aus Afrika. Und wie ein solcher Herrscher aus dem Innern eines fremden Kontinents saß ROMUALD HAZOUMÉ im farbenprächtigen Gewand im Juni 2007 auf dem Podium der Stadthalle Kassel, um vor versammelter Presse zu reden und nebenbei jene zu beschämen, in deren Vorstellungswelt Afrikaner vorwiegend als exotische Figuren oder satanische Diktatoren, als Analphabeten oder sexbesessene Aids-Kranke vorkommen. HAZOUMÉ sprach auf Deutsch. Eine Geste afrikanischen Selbstbewusstseins: Auch wir sind gebildet. Erst später wechselte er um auf Französisch, die Sprache, die Benin, wo HAZOUMÉ geboren, aufgewachsen und zuhause ist, von seinen ehemaligen Kolonialherren geerbt hat 2. Wie heißt es in Ferid Boughedirs Film „Caméra…


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