Kassel: Marathon
Kein Diamarathon wie bei der Weimarer Pressekonferenz von Jan Hoet, sondern der schon traditionelle „City-Lauf“ ist in Kassel geplant, und zwar ausgerechnet für den 13. Juni, den Eröffnungstag der „documenta“. Das Volkslauf-Spektakel lockt jährlich Tausende von Zuschauern an – diesmal aber zusätzlich zu jenen rund 12000 Kunstfans, die zur „documenta“-Vernissage erwartet werden. Mehr als die „d 9“-Besucher könne die Stadt Kassel an diesem Tag jedoch nicht verkraften, meint „documenta“-Sprecherin Claudia Herstatt. Jan Hoet, sonst selber sportbegeistert, sieht das Kunstereignis durch Würstchenbuden und Volkstanzdarbietungen entwürdigt, zudem fürchtet die documenta-Leitung, die Kunstfreunde würden das Museum Fridericianum vom neuen ICE-Bahnhof Wilhelmshöhe aus erst gar nicht erreichen, wenn der Straßenbahnbetrieb während des Marathonlaufs eingestellt wird. Im Kasseler Rathaus versteht man die Aufregung nicht: „Die documenta-Leitung hat uns kein Eröffnungsprogramm vorgelegt. Wir sehen nicht, wie der Sport die Kunst behindern könnte“, heißt es seitens des städtischen Presseamts.
Seien es Langlauf- oder Bilderfreunde: Besuchermassen sind der „Tourismus- und Kurzentrale der Stadt Kassel“ natürlich immer willkommen. Erst recht aus Übersee: Nicht nur in mehreren europäischen Großstädten von London bis Warschau, sondern auch in New York und Toronto wird derzeit in enger Kooperation mit den örtlichen Goethe-Instituten für die „d 9“ kräftig Reklame gemacht mittels diverser Präsentationsveranstaltungen.
Somit ist die „documenta“-Konzeption auch ein Lehrstück über die Verstrickung in Widersprüche. Neben der Opposition gegen den Volkslauf unternimmt die „d 9“-Leitung nämlich noch weitere Anstrengungen, die Seriosität des Unternehmens zu sichern. So wird es im alten documenta-Gebäude, dem Museum Fridericianum, in diesem Jahr keinen Karten- oder Katalogverkauf geben. Pressesprecherin Claudia Herstatt:…