Hans-Dieter Fronz
André Cadere – Peinture sans fin
Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 27.10. – 6.1.2008
1967 tauchte in Paris ein junger Künstler aus Bukarest auf, zweiunddreißig oder dreiunddreißig Jahre alt, der seltsame Dinge trieb. Einen bunten Holzstab wie ein Stabhochspringer schulternd, zog er durch die Straßen von Saint-Germain-des-Prés und verwickelte Passanten in Gespräche über Kunst. Mit dem Stab in der Hand frequentierte er die Cafés und Kneipen des Galerien-Viertels, und auch in Ausstellungen sah man ihn häufig – zumal bei Vernissagen, und nie ohne seinen hölzernen Begleiter. Bald hatte sich herumgesprochen, der Stab sei ein Kunstwerk; also wurde er am Eingang konfisziert. Doch für diesen Fall hatte der junge Mann vorgesorgt: In seiner Jackentasche trug er eine Miniatur-Ausführung desselben.
Es war eine Zeit, in der sich in der Kunst so etwas wie eine Wachablösung vollzog und die Rolle der Avantgarde von Abstraktion und Informel allmählich auf Strömungen wie Minimal Art, Konzept- und Aktionskunst überging. Den Stabwechsel verkörperte André Cadere – so hieß der rumänische Künstler – geradezu bildhaft. Die anfängliche Ratlosigkeit der Pariser Kunstszene angesichts des exotischen Stabträgers wich bald neugierigem Interesse. Wenige Jahre nach seiner Ankunft in Paris standen ihm Galerien und Museen in ganz Europa, bald auch in den USA offen. Ihm, der die Straße jeder Galerie vorzog, weil sie ihm als der bessere Ausstellungsort – mitten im Leben! – erschien.
Doch Cadere ließ sich vom Kunstbetrieb nicht vereinnahmen. Im Gegenteil: Er nutzte den Betrieb seinerseits als Resonanzkörper für seine Arbeit und wahrte im übrigen seine Unabhängigkeit – selbst gegenüber einer Gestalt wie…