Sven Drühl
Mein Bildsystem ist vielleicht ein wenig mathematikverseucht
Ein Gespräch mit Gerrit Gohlke
Der in Berlin lebende Künstler Sven Drühl betreibt eine doppelte Provokation, wenn er Meisterwerke der Vormoderne, aber auch Werke von zeitgenössischen Kollegen zur Vorlage seiner eigenen Arbeit nimmt. Drühl schockiert sein Publikum nicht mit dem Hässlichen, sondern mit dem bereits existenten und in den kunsthistorischen Annalen abgehakten Schönen. Er rekonfiguriert es, erhält nur seine Konturen und reichert es mit Gegenoberflächen an. Er schafft Vexierbilder, in denen sich die Abstraktion in der Figuration wie der Virus in seinem Wirt festsetzt – und betreibt so eine Medienkritik, in der die malerische Oberfläche ein fast schon physisches Reflexionsmedium ist. Im Gespräch erläutert er den Ausgangsort dieser selbstbewussten Malerei.
Gerrit Gohlke: Bevor man sich die obsessive Frage stellt, welch einmalige Gestalt die Farbflächen und –grate auf Ihren Leinwänden annehmen, müsste man doch fragen, woher überhaupt Ihr Vertrauen in Farbschichten rührt. Betreiben Sie nicht ein besonders unwahrscheinliches Geschäft?
Sven Drühl: Das Vertrauen in die Farbschichten rührt daher, dass ich allem anderen noch viel weniger traue, also der Filmrolle, dem Digitalen oder auch der Fotografie. Am ehesten würde ich wohl noch dem Ton trauen, aber Musik steht ja hier nicht zur Debatte. Mein Misstrauen anderen Medien gegenüber rührt vielleicht daher, dass ich von jeher beispielsweise beim Fotografieren immer genau das nicht aufs Bild bekommen habe, was ich eigentlich ablichten wollte. Bei einem Gemälde geht das besser, das quäle ich solange, bis drauf ist, was auch drauf sein soll. Und ein unwahrscheinliches Geschäft betreiben doch alle im…