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Monografie · von Christian Huther · S. 218 - 231
Monografie , 2000

CHRISTIAN HUTHER
Die Wahrnehmung des Betrachters

ÜBER THOMAS FLORSCHUETZ

Thomas Florschuetz macht es dem Betrachter erst einmal schwer, bewegt er sich doch zwischen figürlicher und abstrakter Darstellung, zwischen Realität und Irrealität, zwischen Gewissheit und Schwebezustand. Das bringt der Lyriker Durs Grünbein in einem Essay von 1995 auf den Punkt: “Nichts scheint archaischer, rätselhafter und eindrucksvoller als das Vertraute: eine menschliche Hand, ein Fingernagel, ein Unterarm, ein Gelenk. Bis in die Farben hinein verfremdet Florschuetz das anatomische Detail ins Elementare und macht so den Weg frei für semantische Operationen entlang des unmittelbar Sinnlichen.”1 Im Laufe seiner künstlerischen Entwicklung entfernt sich Florschuetz zwar vom erkennbaren Gegenstand, doch die Abstraktion ist nicht sein Endziel. Durch Fragmentarisierung und Vergrößerung der Objekte kommt es zwar zu einer gewissen Abstrahierung, aber sein “ästhetisches Ziel ist die Wahrnehmung”, wie Klaus Honnef zutreffend feststellt.2 Im Detail oder Fragment soll nicht nur ein Hinweis auf das Ganze gegeben, sondern das Zeigen, Wahrnehmen und Erkennen behandelt werden.

“Florschuetz’ Arbeiten verweisen ganz elementar darauf, was sich sehen und was sich zeigen lässt” – so Durs Grünbein in einem schon etwas früher geschriebenen Text. Und weiter: “Das ganz Banale (,Dieses ist das’) und das Symbolische (,Dafür steht dies’): auf Florschuetz fotografischen Tafeln, im scharfgefassten Ausschnitt fallen sie plötzlich zusammen und bilden etwas Ungewisses, Zwittriges, je länger man hinsieht, je spannungsvoller, den menschlichen Körper als konkretes Rätsel.”3 In der Nahsicht wird selbst das Vertraute zum Rätselhaften, thematisiert werden die visuellen Wahrnehmungsmöglichkeiten, das Gedächtnis des inneren Auges. Nicht der Mensch, sondern der Blick ist für Florschuetz das…


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von Christian Huther

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