Gerrit Gohlke, Autor & Kurator
Gerrit Gohlke war von 2007 bis 2010 zunächst Redakteur und später Chefredakteur von artnet Magazin. Seine jüngsten Projekte und Studien beschäftigen sich mit dem Einfluss der Kunstkritik auf den Markt und neuen Partizipationsmodellen in der Kunst. Seit 2011 leitet er den Brandenburgischen Kunstverein Potsdam. Gohlke lehrte an der Königlichen Kunsthochschule in Stockholm und an der Kunsthochschule Berlin Weißensee.
Christiane Meixner: Herr Gohlke, welche Kunst finden Sie relevant?
Gerrit Gohlke: Ich glaube, dass ich mir die Frage auf Anhieb selten stelle. Ich gehe nicht irgendwo hin, gucke mir Kunst an und frage mich: Ist sie relevant, oder erfüllt sie ein übergreifendes globales Kriterium für Relevanz? Das ist mir vorderhand erst einmal egal.
Wie urteilen Sie dann über Kunst?
Ich suche gar nicht nach dem totalen, abschließenden Urteil. Sondern treffe Abwägungen, die viel mit einer subjektiven Lust daran zu tun haben, ob etwas Unwahrscheinliches gewagt wird. Ob ich zum Beispiel einen gewissen Trotz beim Künstler spüre, sich gegen das Erwartbare oder ökonomische Zwänge zu stellen und etwas zu produzieren, das vielleicht ohne diesen Trotz nicht entstanden wäre. Ich denke gar nicht so viel nach, sondern folge einem intuitiven Gespür für Haltungen. Aus ihnen entsteht ein Dialog, in den ich mich verwickeln lassen will, statt nur ein Programm abzuarbeiten, das ich schon mitgebracht habe.
Berlin hat so viele Projekträume, Galerien und Institutionen. Keiner kann alles anschauen, man muss sich entscheiden. Fällt da nicht schon das erste Urteil?
Seit ich keine redaktionellen Entscheidungen mehr zu treffen habe, hängt vieles auch von Zufällen ab. Wo gerate ich…