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Titel: Der gerissene Faden · von Marius Babias · S. 111 - 113
Titel: Der gerissene Faden , 2001

MARIUS BABIAS
How did you do it, Sascha?

SASCHA “ARSCHLOCH” ANDERSON WAR STASI-IM DAVID MENZER – EIN DEUTSCH-DEUTSCHES FALLBEISPIEL INSTRUMENTELLER HISTORIZITÄT

Anfang Januar 2000 wurde anhand rekonstruierter Stasi-Akten endgültig bewiesen, was auf dem Höhepunkt des moralischen Großreinemachens unmittelbar nach Mauerfall Jürgen Fuchs und vor allem Wolf Biermann in seiner Büchner-Preisrede 1991 behauptet hatten: Sascha Anderson, Promoter der Kunst- und Literaturszene in Prenzlauer Berg, war ein “Arschloch”, weil er seit 1971 in der DDR und auch nach seiner Übersiedlung 1986 nach West-Berlin als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) unter dem Decknamen David Menzer für die Stasi gearbeitet hatte.

Na und? Wer interessiert sich überhaupt noch für die Gartenzwerge in irgendwelchen Kunst-Schrebergärten im Osten? Wurde die Ost-Szene, ob mit oder ohne Stasi-Verschaltung, nicht längst parzelliert in Bürgerrechtler (Jürgen Fuchs), Biografie-Verwertern (Lutz Rathenow) und Underground-Barden (Bert Papenfuß-Gorek)? Lediglich die vierte Kategorie, jene der politisch unbelasteten Ästheten, zu der der Büchner-Preisträger und FAZ-Liebling Durs Grünbein gezählt wird, hat im westlichen Kulturbetrieb einen Logenplatz. Die meisten der DDR-Kulturschaffenden waren und sind darauf fixiert, das böse kommunistische DDR-Regime und die Sache mit der Stasi biografisch aufzuarbeiten, auch wenn es eigentlich im Westen keinen mehr interessiert, seit sie vorauseilend den Zweck erfüllt haben, die Säuberung des Öffentlichen Dienstes von IMs moralisch zu flankieren. Von Nostalgie über Neurosen bis zum Flagellantentum reichen die psychologischen Beschädigungen.

Doch jetzt, seit die Feuilletons von Süddeutsche Zeitung, FAZ, Berliner Zeitung und Tagesspiegel dem Fund der Anderson-Akte große Artikel und der SFB ein langes Feature widmeten, rückte das eigentlich abgehakte Thema wieder auf die Tagesordnung. Warum kochte die Debatte…


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