Christian Huther
Imagine Reality
Museum für Moderne Kunst, Fotografie Forum, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt/Main, 20.6. – 20.9.2015
Ein schöner Zen-Garten, der friedlicher nicht sein könnte. Ein Paradies auf Erden. Doch die Kamera rückt immer weiter weg, bis sich der Garten als Foto an der Wand einer Wohnung entpuppt. Die ist sehr klein und befindet sich in einem hässlichen Hochhaus von Hongkong, wie die weitere Kamerafahrt verrät. Doch mit dem Blick von draußen auf das Zimmer und die Umgebung bricht das zwölfminütige Video ab und gefriert zu einem Foto, ähnlich wie das Motiv zu Beginn. Auch die Gespräche der zwei Männer in der Wohnung und ihre just komponierte Musik enden abrupt. Aus dem Garten-Foto wird eine imaginäre Welt kreiert, denn das Hochhaus wurde bereits vor über 20 Jahren abgerissen. Eine Welt, die nur im Kopf des Betrachters existiert, erzeugt aus Bildern und Tönen. Dieser mentale Raum wird in unserer hektischen und unwirtlichen Welt zusehends wichtiger; der Mensch zieht sich zurück in imaginäre Orte der Meditation und Ruhe.
Eine typische und doch untypische Arbeit für die nun zum zweiten Mal in Frankfurt und der Rhein-Main-Region stattfindende Foto-Triennale „RAY“. Typisch, da das Video von David Claerbout ein passender Beitrag zum Schwerpunkt der imaginären und visionären Dimension der Fotografie ist. Untypisch, da es sich um ein Video handelt, das aber auf einen Foto basiert. Denn „RAY“ will, wie die Sprecherin Luminita Sabau beim Start vor drei Jahren im Interview gesagt hat (s. Band 214, S. 360 f.), keineswegs die narrative Videokunst zeigen, sondern „Videoarbeiten, die aus…
