Christian Boros
In die Gegenwart vernarrt
Christian Boros, 1964 im polnischen Zabrze geboren, studierte von 1984 bis 1988 Kommunikationsdesign bei Bazon Brock in Wuppertal. 1990 gründete er die „Boros Agentur für Kommunikation“. Bekannt wurde er 1994 mit seiner Anzeigenkampagne für den Musiksender VIVA. Vier Jahre zuvor entdeckte er in London den Fotografen Wolfgang Tillmans und erwarb von ihm zwei Arbeiten für 600 Mark. Mit dem Kauf des Hochbunkers in Berlin, den er für seine Sammlung durch die Architekten Jens Casper und Petra Petersson umbauen ließ, erregte er 2003 große Aufmerksamkeit. Mit ihm traf sich Heinz-Norbert Jocks zu mehreren Gesprächen.
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Heinz-Norbert Jocks: Haben Sie noch Gegenstände aus Ihrer Kindheit, die Ihnen damals wichtig waren?
Christian Boros: Sammler ist Sammler. Ich besitze Sammlungen von Briefmarken, Türklinken, Münzen, Mineralien, Fossilien und Fundstücken. Ich sammele auch Bücher über das Sammeln. Doch bis heute habe ich nicht begriffen, was mich zwingt, ganze Schränke und Lager mit allem möglichen Kram zu füllen. Da in dem Wort „Begreifen“ auch Greifen steckt, wird dieses Besitzen mit dem Verstehen der Welt zu tun haben.
Wann begannen Sie mit dem Sammeln?
Mit dem Geld, das ich als Schüler für den Kauf eines Autos von meinen Eltern erhielt, erwarb ich entgegen ihren Erwartungen ein Kunstwerk. Genauer gesagt, ein Multiple von Beuys. Etwas von anderen vollkommen Unerwartetes zu tun, ist mir übrigens bis heute wichtig. Damals hatte Beuys den Ruf eines Scharlatans, und insofern irritierte meine Wahl nicht nur meine Eltern, sondern auch all meine Freunde. Mein gesamtes Umfeld mokierte sich darüber, dass ich das…