Jonathan Meese
Populismus ist Geschmacksterrorismus
von Oliver Zybok
Kaum ein Künstler der Gegenwart polarisiert die Öffentlichkeit in einem derartigen Ausmaß wie Jonathan Meese. Seine vielfältigen künstlerischen Auseinandersetzungen – von der Malerei, Skulptur, Grafik und Fotografie über den Film, die Oper, Installation und Performance, bis hin zu Gedichten und Texten – werden kontrovers diskutiert. Aber warum? Meese hinterfragt das derzeitige gesellschaftliche System und möchte es durch eine „Diktatur der Kunst“ ersetzen. Das politische Establishment reagiert, und versucht öffentliche Auftritte des Künstlers zu vermeiden. So wurde er als Regisseur des Parisfal für die Bayreuther Festspiele ausgeladen. „Kultur ist Menschenjagd“, so Meese. „Ich bin das Gejagteste. Mich befällt die Hetzjagd. Mich erfasst der Befindlichkeitsterrorismus der Projektionisten. Mit mir gibt es Nichts theoretisch zu besprechen, ich bin die totale Neutralität. In mir existiert keine Ironie, kein Zynismus, kein Sarkasmus. Wir lassen uns diktieren, was Freiheit ist. Wir sollen kaltgestellt werden, uns soll der Atem genommen werden.“
Oliver Zybok: Zum Einstieg möchte ich eine ganz allgemeine Frage stellen. Sie zielt auf ein gesellschaftliches Kunstverständnis ab. Was glaubst du, hat die breite Öffentlichkeit für ein Bild bzw. für Bilder von Kunst vor Augen, wenn man sie schon nur alleine mit ihrem Begriff konfrontiert? Wenn ich von Öffentlichkeit spreche, meine ich nicht Kunstinteressierte, nicht das Bildungsbürgertum, sondern vielmehr Menschen, die kaum Berührungspunkte zur Kunst besitzen.
Jonathan Meese: Ich kümmere mich eigentlich nicht darum, was Menschen über meine Arbeiten denken, sondern ich mache sie einfach. Für die meisten Menschen gibt…