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documenta 14 in Athen: Von Athen lernen - Eine Zwischenbilanz · von Sabine B. Vogel · S. 170 - 173
documenta 14 in Athen: Von Athen lernen - Eine Zwischenbilanz , 2017

Unerschlossenes, politisches Potential

14. documenta Athen
von Sabine B. Vogel

Alle fünf Jahre findet die documenta als größte und wichtigste Ausstellung zeitgenössischer Kunst in Kassel statt. Dieses Jahr aber ist alles anders. Denn die 1955 gegründete Schau startete zwei Monate vor dem üblichen Eröffnungstermin bereits im April in Athen. Kurator Adam Szymczyk beschloss diese Verdoppelung der documenta, als Griechenland wegen der Schuldenkrise kurz vor dem Ausschluss aus der EU stand. Das ist unterdessen vom Tisch, jetzt steht das Land für eine „sehr harte Wirklichkeit“, wie er im Interview mit dem Deutschladradio sagte. Als Titel wählte Szymczyk „Lernen von Athen“ – aber was soll man mit den Mitteln der Kunst aus einem wirtschaftlich instabilen Land lernen, von Banken-, Staats- und Sozialkrisen? Von dem Zwang zu massiven Kürzungen im Gesundheits- und Rentensystem, dem rigorosen Abbau der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und der Auflage, staatliches Eigentum wie Seehäfen, Bahn und Immobilien zu verkaufen? Verträgt eine Kunstausstellung überhaupt solche direkten politischen Bezüge, die von einem System handeln, das aussichtslos ist? Bis Ende 2015 wurden 3 Milliarden Euro Privatisierungserlöse eingenommen, was einem (1!) Prozent der griechischen Staatschulden im Jahr 2015 (314 Mrd.) entsprach und de facto eine Zinseszinszahlung war (Griechenland zahlte zwischen 2010 und 2015 52,3 Mrd. an Zinsen). Bis 2018 sollen es nur 6 Mrd. Euro Erlöse sein, gegenüber 70,1 Mrd. Zinsen. Die meisten Verkäufe gingen an ausländische Käufer, Egbert Scheunemann spricht in seiner ausführlichen Untersuchung „Griechenlands Staatsbetriebe im Zwangsverkauf“ (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Verbindungsbüro Griechenland. Dez. 2016) von einer „Privatisierung monopolistischer Gewinne bei Sozialisierung der Verluste“.

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