Lieber ein gescheiterter Heuchler, als ein erfolgreicher Zyniker
Ein Gespräch mit dem ZKM-Leiter Alistair Hudson
von Heinz-Norbert Jocks
Alistair Hudson, seit dem 1.April 2023 wissenschaftlich-künstlerischer Vorstand des ZKM und Nachfolger von Peter Weibel in Karlsruhe, leitete von 2018 bis 2022 die Manchester Art Gallery sowie The Whitworth. Über sein Konzept des „Useful Museum“, das Kunst- und Kulturinstitutionen als Orte für gesellschaftliche Verantwortung und Veränderung versteht, sprach mit ihm unser Autor Heinz-Norbert Jocks.
Heinz-Norbert Jocks: Sie sind bekannt für Ihre Erkundigung anderer Wege in der Kunst.
Alistair Hudson: Ja, schon früh fragte ich mich, wie Kunst außerhalb des Behälters, dem White Cube funktionieren kann, in den sie in den letzten 200 Jahren gesteckt wurde. Die konventionellen, der europäischen Tradition entsprungenen Präsentationsformen beruhen auf der Definition von Kunst als Objekt. Die Moderne, die Industrialisierung und der Kapitalismus in Europa haben unser Kunstverständnis geprägt. Immer schon an der langfristigen, 40.000 jährigen Geschichte der Kunst in der menschlichen Zivilisation oder Un-Zivilisation interessiert, reizte es mich, zu untersuchen, ob wir, wenn wir in eine neue Zukunft aufbrechen, Kunst durch diese im 19.Jahrhundert in Europa festgelegten Parameter definieren müssen oder ob wir sie präziser bestimmen können.
Ich betrachte Kunst mehr als einen Prozess und weniger als ein Objekt, darüber nachdenkend, wie Kunst produziert wird und was es bedeutet, wenn wir dies als Menschen tun? Oft geht es darum, etwas mit Sorgfalt und Bedachtsamkeit zu realisieren, also um handwerkliche Geschicklichkeit, um Wissen und Nutzung, aber auch um das Verständnis für den Kontext und das Funktionieren der Kunst in…
