Tilman Baumgärtel
»net_condition«
Konzert für zwölf Nadeldrucker
Zentrum für Kunst und Medientechnologie, 23.9.1999 – 9.1.2000
Meine Arbeit ist gehackt worden.” Der kanadische Künstler Philip Pocock läuft im Erdgeschoss des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe herum und versucht, einen Techniker zu finden. Seine Installation dokumentiert eine Reise, die er auf den Spuren Alexander von Humboldts durch Lateinamerika unternommen hat. Doch nun ist die Kunst abgestürzt: ein boshafter Ausstellungsbesucher hat ein Notebook, das zur Arbeit gehört, “crashen” lassen.
Doch weit und breit ist kein hilfsbereiter Techniker zu sehen. Denn die sind, auch drei Tage nachdem die Ausstellung “net_condition” mit einem Konzert für zwölf Nadeldrucker eröffnet wurde, an anderer Stelle damit beschäftigt, die aufwändige Technik in den Griff zu bekommen. Gerade hat es “capital magnetic” von Mark Trayle erwischt. Eigentlich soll die interaktive Installation aus den Magnetstreifen von Kreditkarten der Besucher kurze Musikstücke errechnen. Aber im Augenblick will das künstlerische Terminal keinen Laut von sich geben, und drei Techniker schrauben in seinem Inneren herum.
Szenen bei der weltweit ersten Ausstellung, die sich ganz der Netzkunst widmet. Zwar war schon 1997 bei der documenta X ein ganzer Raum mit Internetarbeiten zu sehen, doch ansonsten hat sich der offizielle Kunstbetrieb bisher kaum für das junge Genre interessiert. Peter Weibel, Leiter des ZKM und einer der Kuratoren der Ausstellung, will das nun ändern: Durch die Ausstellung “net_condition” soll Netzkunst museumsfähig werden.
So werden Dateien, die bisher ohne die Legitimierung als Kunst im Internet zu sehen waren, ins Museum transferiert und ihnen so die noch fehlende Legitimierung durch diese…