Small World
13. Taipei Biennale 18.11.2023–24.03.2024
von Heinz-Norbert Jocks
Der Direktflug von Peking nach Taipei ist wie ein dreieinhalbstündiger Sprung über die Firewall, mit der sich China digital vom Rest der Welt abschirmt. Kaum gelandet in der mehr als zwei Millionen Fünfhunderttausend Einwohner zählenden, von GaWC (Globalization and World Cities Research Network) als Alpha-City eingestuften Metropole mit ihrer gigantischen Hightech-Industrie funktioniert das Internet ohne VPN-Programm. Das ist ein sich unmittelbar auswirkender, großer Unterschied zu China neben den vielen feinen und kleinen, darunter die Vielzahl konfuzianischer, taoistischer und buddhistischer Tempel, die das Gesamtbild der Stadt architektonisch und ihren Geist spirituell mitprägen.
Der Grund meines Kommens ist die jüngste Taipei Biennale, für die sich das dreiköpfige Kurator*innen-Team, bestehend aus Freya Chou, einer unabhängigen Kuratorin aus Taiwan, Reem Shadid, der Direktorin des Beirut Art Center und Kuan Wood, einem in New York ansässigen Autor und Gründungsherausgeber des e-flux Journals, auf den metaphorischen Titel Kleine Welt geeinigt hat. Flüchtig betrachtet, klingt dieser so, als sollten die Erwartungen der Besuchenden auf ein überschaubares Maß heruntergeschraubt werden. Doch weit gefehlt, mit einer abrupten Abkehr von der globalen Welt hat diese Biennale nichts zu tun. Es geht nicht um Rückzug in die von der Außenwelt abgekoppelte Privatsphäre, sondern, im Gegenteil, um den offenen Eintritt in die postpandemische Zeit. In den kleinen und individuellen Welten, hier gebunden zu einem prächtigen Strauß diverser Subjektivität, spiegelt sich aufgrund ihrer dialektischen Verknüpfung immer auch die große wider. Zudem liegt dem unseren Assoziationen freien Lauf lassenden Titel der Biennale der Friedenswunsch nach mehr Nähe zwischen…