CLAUDIA POSCA
Tony Cragg – Signs Of Life
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, 23.5. – 5.10.2003
Dreißig Jahre bildhauerische Arbeit famos komprimiert zwischen zwei Buchdeckeln – der ganze Tony Cragg sozusagen für zu Hause – das macht den von der Bonner Bundeskunsthalle anlässlich der aktuellen Cragg-Ausstellung publizierten, 552 Seiten starken, rund drei Kilo schweren Katalog aus. Bis dato wurde eine solche Übersicht zum Schaffen eines der bedeutendsten und einflussreichsten Bildhauer der Gegenwart vermisst. Jetzt hat man die Lücke geschlossen, obwohl die dazugehörige Bonner Präsentation ausstellungstechnisch ganz andere Wege geht – jenseits einer umfassend angelegten Retrospektive, jedoch nicht weniger komplex.
Das Hauptaugenmerk konzentriert die Bundeskunsthalle auf die Genese des bildnerischen Denkens von Tony Cragg am Beispiel zweier Serien, und d.h. auf den Prozess, wie etwas entsteht und woher es sich ableitet. Im Rampenlicht stehen vor allem die letzten Schaffensjahre mit den Zyklen der “Early Forms” und der “Rational Beings” – zwanzig Außenskulpturen sowie rund siebzig Papierarbeiten neben einigen kleineren Skulpturen und Wachsmodellen, die im Zentralkabinett des Hauses gezeigt werden.
Die “kapitalen” Plastiken dagegen finden sich dort installiert, wo einen schwindelt: auf der großen Dachterrasse unter freiem Himmel, vor Rundum-Panorama und Bonner Skyline. Dort, in Nachbarschaft zu den drei hellblauen Kegeltürmen – achtzehn Meter hohe Wahrzeichen der Bonner Museumsmeile – bieten die Cragg-Skulpturen aufs Spannendste den vorgegebenen Widrigkeiten vom Aufzughäuschen bis zum Abluftschacht ein durchsetzungsstarkes Paroli. Nicht einfach zu handhaben hatte Tony Cragg den Ort zunächst befunden, zumal zum damaligen Zeitpunkt auch noch nicht anzahlmäßig genügend Großskulpturen bereitstanden, um ein solches Terrain erfolgreich zu…